Supi, die Wahl der Urlaubsart steht an und zwei ausgewachsen Kinder denken ans Zelten und spazieren gehen. Und Spanien. Wenig Planung später und unsere spontanen Geister spülen uns hier nach Alicante, die Südküste des Landes der Paellas und Nachos, und mit großer Bestimmtheit heißt es nun zu zweit den Weg von Alicante nach Valencia zurück zu legen. Zu Fuß. Mit Zelt. Dass diese Reise über seine 200 Kilometer kommen würde, war uns zwar aus technischer Sicht mehr oder weniger bekannt, was das für unsere Füße bedeuten würde, war uns allerdings weniger in den Sinn gekommen.

Low-Budget Traveling ist eine wundervolle, aber durchaus einschüchternde Art des Reisens, dafür aber reichlich billig und voll mit unglaublichen und unerwarteten Momenten. Es ist der beste Weg in die Tiefen einer Kultur einzutauchen und neue Menschen kennen zu lernen und dabei noch die verstecktesten und schönsten Orte eines Landes zu sehen. Wer allerdings Angst vor der Ungewissheit hat, sich fürchtet nicht zu wissen was am nächsten Morgen auf einen wartet, zelten und Bodenschlafen als unter der eigenen Würde empfindet, oder noch in dem Gedankengefängnis sitzt und abhängig von dem bisher bekannten Hotelluxus ist; diejenigen können sich hier ein wenig Inspiration und Mut abholen. Weil es ist alles möglich. Jeder besitzt die Fähigkeit Neues auszuprobieren und außerhalb unseres Zuhauses gibt es eine Welt zu erkunden; diese Motivation sollte dementsprechend hoch genug sein.

Hier könnt ihr also Martin’s und meine Reise in Gedanken und Worten begleiten. Wir arbeiten uns von Stadt zu Stadt durch und werden versuchen unsere Vorstellungskraft durch Worte zu beleben, Meinungen zu bilden, Inspiration zu erschaffen und Neues zu lernen. Vielleicht klappt das ja. Bei so einem Marsch sollte das Schreiben darüber schließlich der einfache Part sein.

Heute, 23. Mai 2025, An einem Strand Nähe Dènia

Wir starten mal im Hier und Jetzt, damit ihr eine Vorstellung habt, ob wir denn überhaupt noch leben. Unsere Nacht ist beinahe überstanden, allerdings mit der misslichen Lageänderung, dass ich draußen auf einer Iso-Matte geschlafen hatte bis es grade eben das erste Mal seit wir hier sind, zu regnen began. Flink wie wir sind, haben wir alles Zubehör mit zu Martin ins Zelt verfrachtet und um Martin die Chance auf ein wenig mehr schlaf zu geben, hatte ich mich nun entschieden mich im Fußraum zusammen zu rollen und mit dem Schreiben zu beginnen. Wir beide sind erschöpfter als sonst, aber auch glücklicher. Das liegt vermutlich daran, dass wir nach circa 70 Kilometern Autobahn gestern Abend völlig erschöpft endlich wieder Meer gesichtet hatten. Allein am vergangenen Tag liefen wir 46 Kilometer, wobei unsere omnipräsenten Rucksäcke ihren Teil dazu beitrugen das Ganze noch ein bisschen spannender zu machen. Aber jetzt haben wir es geschafft und vermutlich sind seit Strandentstehung noch nie zwei Menschlein so glücklich auf ihm auf und ab gesprungen, wie wir es gestern Abend noch fertig brachten. Es war übrigens der fünfte oder sechste Tag auf Wanderschaft und vermutlich brauchen wir noch vier weitere Tage bis wir unser Pilgerziel, das wunderschöne Valencia, erreicht haben. Aber wie kam es dazu? Warum laufen zwei Jünglinge mit zu viel Gepäck und zu großen Ambitionen einen Weg, der mit dem Bus doch so schnell überwunden wäre? Also gut, ich glaube unsere bisherige Geschichte erzählen zu können und damit verständlich zu machen, wieso sich jede Art von Vorhaben in dieser Richtung lohnen kann. Haltet euch fest!

14.05.2025 Ankunft in Alicante

Unsere Idee eine solche Reise zu bestreiten kommt von lang her. Im August letzten Jahres verabredeten wir uns zu einer derartigen Aktion, dazu möchte gesagt sein, dass jenes Treffen damals das Zweite seiner Art war und das Martin mir ansonsten eher fremd gewesen ist. Damals waren wir noch vom Jakobsweg in Spanien überzeugt, welcher sich aus preislichen Gründen und dem Fakt dass wir den Hauch der Religion soweit verpassten, als unpassend herausstellte. Einen Monat bevor es ernst wurde, sahen Martin und ich uns in einem Telefonat und beschlossen aus strategischen, geheimen Gründen, dass Alicante das bessere Anreiseziel wäre und dass Valencia ja auch ganz schön sein soll. Die tatsächliche Vorbereitung in Präsenz, was Tasche packen oder Route planen angeht, erfolgte am letzten Tag beziehungsweise gar nicht. So verbrachte ich den Tag vor der Abreise mit dem Backen zweier Brote, sehr gesund und sehr pfeffrig, und beschloss dann noch von meiner Mama eine kleine Nählektion zu erhalten. Ein essentieller Schritt in der Vorbereitung, denn die Tasche welche für die Reise vorgesehen war, unterschied sich nicht von derjenigen, welche mich eine Weile zuvor für drei Wochen durch Norwegen beim Campen begleitete. Müsste ich zählen, so würde ich auf fünf gerissene Bänder, zwei fehlende Hartplastikstücke und 1-2 angerissene Taschen kommen. Hätte ich gewusst was noch auf mich zukommen sollte, wäre ich mit dieser Zahl sehr zufrieden gewesen. 

Klitzekleiner Einschub aus dem Jetzt. Martin kichert im Schlaf und ist somit, ob wach oder schlafend, der süßeste Weggefährte den man sich wünschen könnte. 

So kam es also dass meine Mum und ich den Abend mit Taschenreperatur und und künstlerischer Auslebung gestalteten. Schließlich hab ich meine wundervolle Leinen Hose im Gepäck, aber auch diese ist bald nicht mehr als ein einziger zerfetzter Stoffrest, welcher mit Edding beschriftet und mit Tüchern behangen wäre. Wir hatten jetzt das Klebeband, das am Beinende sein Unwesen trieb, mit einem Stoff den ich in Kanada kaufte, ausgetauscht und das Resultat verzauberte. Nähen war bis dato eine völlig fremde Beschäftigung für mich, aber erfreute und inspirierte im Nu, als ich zu bemerken schien, welche Welt des Erschaffens hinter der Arbeit mit Stoff ruhen könnte. Ich packte also das nötigste Material und achtete auf die maximale Packlast von 10kg. Mein Brot kam natürlich auch mit und ehe man sich versah war ich auch schon total fertig. Essenreserven, Werkzeug, extra Rucksack und vieles mehr, eine bessere Übersicht über wie man packt und was in welche Tasche gehört, könnt ihr ab gegebenen Zeitpunkt auch in separater Seite hier auf der Website lesen. 

Und dann war es auch schon soweit. Zwar würde ich drei Tage vor Martin in Alicante ankommen, aber auch das schien in Anbetracht des Urlaubs kein Minus zu sein. Früh morgens ging es dann also los zum Flughafen, meine liebste Mutter bot an mich zu fahren, am Flughafen sprang ich dann überfordert, so wie es sich gehört, von Schalter zu Schalter und bequatsche jeden Passanten, der nicht niet- und nagelfest war, um ein bisschen Content für mich selbst zu kreieren. So kam es, dass ich mich neben einem Multi-Millionären wieder fand, welcher grade nach Hause in die Karibik reiste. Mit einer außergewöhnlichen Lebensgeschichte und drei großen Erfindungen in der Photo-Industrie bis hin zu Scanmodellen für die Robotik der Autoproduktion, konnte er meine Aufmerksamkeit bis zum ersten Abflug bündeln und in Madrid angekommen, verhalf er mir noch den richtigen Weg zu finden. Was für eine liebliche Erscheinung... der liebe Gerd. Danach lernte ich die 20-jährige Filipa kennen, da sie aus Norwegen kam, hatten wir den einen oder anderen Verbindungspunkt und sie erzählte mir vom Studentenleben hier in Madrid und ihrem Wunsch viel lieber in Australien zu studieren. Ein schönes Luxusproblem von einer noch schöneren, netten Norwegerin. Die Tore des Gates öffnen sich und als wäre eine junge und intelligente Dame nicht genug, so ist mein Nachbar für den Flug die Zweite. Ana ist Spanierin mit hervorragenden Englisch, 27 und ausgerüstet mit einem Master in Medizin-Design, nicht der offizielle Titel, aber das was meinen Erinnerungen am besten entspricht. Sie weist mich ein in Projekte an denen sie arbeitet, an Modellen welche als Implantate in die Schädeldecke gesetzt werden um Menschen mit Hörnervschäden wieder dem Hören fähig zu machen. Ich bin von unserer Medizin geplättet und lausche aufmerksam für den verlängerten Flug, den uns das Universum erlaubte zu teilen. In Alicante durften wir wegen Unwetter nicht landen und so wurde es eine extra Tour durch Valencia zum tanken um dann mit geringer Verspätung (2h+) anzukommen. Meine zuckersüße Ana erklärt mir ein paar spanische Worte und wir wünschen uns Lebewohl. 

Mein Gepäck wieder zu finden war ein absolutes Highlight. Unrechtmäßig wurde es beim Einchecken als Kofferstück aufgenommen, weil der Platz in der Maschine anscheinend ungenügend war. Gekostet hat mich das nichts außer meine Nerven und somit war ich reichlich happy als ich wieder vereint mit allem Hab und Gut in den Bus steigen konnte und eine Weile darauf am schönen Postiguet Strand in Alicante wieder aus. Beinahe leer lag der Touristenspot vor mir und mit etwas Mühe schleppte ich mich und Gepäck nun für ein paar Stunden durch die Straßen, auf der Suche nach zuckerfreiem Essen. Die Woche zuvor hatte ich schließlich gefastet und das Fasten nach sechs Tagen mit dem Vorsatz gebrochen, ab nun keinen zugegebenen Zucker mehr zu verzehren. Mir scheint das Timing eines solchen Vorhabens reichlich doof, aber man wird schon durch kommen. Oder eben nicht. Ich finde auf jeden Fall noch einen Obstladen und räume ihn aus, um mich bewaffnet mit Gemüsen aller Farbe und Formen auf einer Bank zu platzieren und meine erste spanische Mahlzeit einzunehmen. Für die erste Nacht habe ich ein Hostel gebucht, eine simple Lösung aus der Ursache, dass die Person, welche mir Unterschlupf für die kommenden zwei Nächte gewähren wird, nicht die Möglichkeit hatte heute schon die Pforten zu öffnen. Ein kleines und billiges Hostel in der Innenstadt ist die Lösung. Im Gemeinschaftsraum lernt man noch die mutige Xenia aus Argentinien kennen, welche seit drei Tagen ohne irgendeine Hilfe versucht, sich ein Leben hier in Alicante aufzubauen. Ein für mich schockierender Einblick in wie es sein könnte, aber ich bin optimistisch irgendwann in ihrer Situation zu sitzen. Der Traum von finanzieller Unabhängigkeit durch das Schreiben in Blogs und die Präsenz im Medium des Sozialen bleibt aber weiterhin bestehend. 

Und so finde ich mich nach einem ersten schönen Tag voller streunender Katzen und Sandsteinrelikten auf Bergen in meinem Bett bereit die Kontrolle abzugeben. Meine vier Zimmerkumpanen sind begeisterte Fußball Fans aber verhalten sich sympathisch und ich finde meinen Schlaf, dankbar für eine Matratze unter mir statt meinem sonst so vertrauten Zimmerboden. 

Die Empfehlung des Tages: ein Buch welches ich im Flughafen zu lesen began mit dem Namen ‘The anxious Generation’.

Die erste wild wachsende Frucht der Reise kommt vom ‘Prickly pear Kaktus’ und hat viele kleine feine Nadeln eingebettet in Kissen unter der Haut. Dementsprechend lag es an meiner Zunge statt den Augen, das herauszufinden. Die Frucht färbt unfassbar rot, hat Kerne und eine zähe Haut. 2/10 aber laut Google absolut essbar.  Man merkt, dass Technik noch keine Geschmacksknospen besitzt.

16.05.2025, Castello de Santa Barbara und Jose’s Zuhause, San Juan und Sandsteinküsten

Obwohl die Stadt nicht nur durch die Schönheit ihrer Strandlandschaft, sondern auch mit ihrer umliegenden Bergenwelt heraus sticht, kann man trotz allem den den in Nähe des Zentrums nicht übersehen, welcher die Sandsteinmassive aus vergangener Zeit auf sich trägt. Eine massive Burg in perfekter Aussichtsposition, mit einer riesigen steinernen Treppe, welche hinauf zu führen scheint. Da das allerdings doch nicht der Fall ist, verbringe ich den Morgen nach meiner ersten Hostelnacht damit, einen richtigen Weg zu finden und treffe auf tanzende Menschen im Schatten der Palmen und Olivenbäume, auf eine kleine Zahl Touristen und auf jene Spanier, welche diese interessante Stadt beleben. Als der Weg hinauf bekämpft ist, finde ich mich im Schatten einer Klangsaales wieder mit ein paar sehr schönen Ausstellungsstücken, wie zum Beispiel einer scheinbar uralten Gitarre, welche einen komplexen, zweilagigen Metallstern in der Öffnung zum Klangkörper trägt.  Ein Banjo und frühe Arten von Hafen mit einer Mischung aus Klavier, so liegt eine Holzbox vor mir und hat eine Vielzahl von Drähten zwischen verschiedenen Abständen von Nägeln gespannt. Die Kälte die von den Steinwänden ausgestrahlt wird, zieht mich noch eine Weile in ihren Bann, dann trete ich in den ersten Vorhof und finde mit einen Baum zum Sitzen. Der Baum trägt eine Frucht, welche uns im Verlauf der Reise noch oft genug nähren wird, genannt wird sie Nispero. Klein, orange und sehr saftig mit mehrteiligem, glatten und hölzernem Kern, hängt sie in einer Höhe auf der andere Touristen dem sich Recken müde werden. Mit einem Sprung, der durch Beachvolleyball   seine qualifizierte Höhe besitzt, bekomm ich trotzdem noch eine und genieße für eine Weile die Früchte meiner Arbeit. Ich beklettere die Burg und finde mich an der Spitze von wo aus der Blick über Alicante und Umfeld nicht besser hätte sein können. In der Ferne meine ich den Berg Aitana sehen zu können. Metallstatuen von Rittern möchten über die Zeit der Belagerer berichten und rufen Vorstellungen hervor durch Kampfpositionen der Schwertkämpfer  oder Wachposten mit Armbrust. 

Nach dieser schönen Sehenswürdigkeit geht es für mich 7 Kilometer weiter nördlich zu meinem Platz für die Nacht. Ein Bus wäre zu einfach und so laufe ich und sehe riesige Häuserblocks vorbeiziehen, welche den 300 Tausend Einwohnern Raum zum Leben bieten, die Strände und ihre Palmen, noch reichlich mehr kleine Märkte und bei einem fülle ich Obst und Gemüse auf und gönne mir meinen neuen Liebling, eingelegte Kichererbsen. In keiner Welt kann ich mir erklären, wie ich diesen himmlischen Snack noch nie zuvor entdeckte. Und dieses Wasser dazu erstmal... wooow! Eine halbe Überdosis später wanke ich glücklich und voll Richtung nächtlichen Schlafplatz, zum Wohnraum eines Mannes für dessen Taten ich noch einen eigenen Eintrag vorbereite, weil es mich tief inspiriert und eine wundervolle Sache für die Welt wäre. Der gute Mann heißt Jose. 

Die Möglichkeit mit lokalen Bewohnern überall in der Welt zu nächtigen, verschaffte mir die Plattform Couchsurfing, ein Ort des weltweiten Netzes, das Leute verbindet, die ihre Wohnung und ihr Sofa anbieten möchten um Reisenden eine Möglichkeit zu geben, unter zu kommen, um selbst einen kulturellen Austausch mitzuerleben während man selbst zuhause ist. Genau dasselbe verschaffte mir damals in Oslo ein Wochenende in der Nachbarstrasse des Royal Palace, wo ich mit einem der reichsten mir bis dahin bekannten Menschen blieb, über Gott und die Welt philosophierte, meine zwei jährige Alkoholabstinenz in den Wind fegte und unglaubliches über unsere Welt und die Welt der Reichen erfuhr. Augen öffnend in jeder Hinsicht. Allerdings noch nichts im Verhältnis mit den buddhistischen Mönchen mit denen ich zwei Wochen später wohnte. Das allerdings nicht über Couchsurfing, sondern durch die unerklärbaren Wendungen unserer aller Leben. 

Jose lebt in einem der riesigen Häuserblocks 7 Kilometer nördlich von der Innenstadt. Sein Wohnblock besitzt wie die meisten Blocks eine schöne große Poolanlage, welche von den Bewohnern noch für mindestens einen Monat gemieden wird, da es für Spanier mit den momentanen 28 Grad einfach noch zu frisch ist. Er wohnt selbst im sechsten Stock, hat einen Fabel für afrikanische Kultur und im folgenden kriegt ihr eine kleine Erklärung seiner Wohnsituation, welche in seinem Artikel aber noch erweitert wird. Eine eher schäbige kleine Küche mit Orangen und Kefir, selbst gemacht, eine Toilette mit angelaufenem Spiegel aber unaustauschbar da dieser in die blaue Fliesenwand eingelassen ist. Gardinen aus Holzperlen und exotischer Schmuck aus Ghana, Burkina Faso, der Südsahara und Indien, größtenteils Masken, aber auch wunderschön geschnitzte Gehstöcke und Musikinstrumente. Auf einem alten Holzschrank steht das Bild von seinem Adoptivsohn, der inzwischen in den USA lebt. Jose adoptierte ihn vor 30 Jahren, als er im Rahmen eines Freiwilligendienstes dessen Familie im Flüchtlingslager in der Südsahara kennen lernte. Er hatte mehrere Kinder über die Sommermonate bei sich, ein Projekt, welches angeboten wurde um mehr Sicherheit für jene zu gewähren und inzwischen lebt er mit einem jungen Mann, welcher seit acht Jahren die Wohnung mit ihm teilt, ebenfalls aus der Südsahara. Seinen Namen weiß ich nicht mehr, aber er ist im Filmgeschäft Alicantes tätig und Model. Jose selbst arbeitet als studierter Sozialarbeiter für die LGBTQ-Community und verwaltet und organisiert jegliche Projekte im Rahmen des denkbaren. Er ist ein ausgezeichneter Masseur und am Morgen Tag werde ich auch heraus finden, warum. Für den Abend gehe ich allerdings noch spazieren und folge dem Küstenverlauf vom berühmten und schneeweißen San Juan Strand um die Sandsteinküste bis zurück an sein Haus. Ich komme an Anglern und Hunden vorbei, beobachte Surfer und jene mit Foils, esse Orangen und Pfirsiche und genieße die warme Sonne und den Fakt ohne riesen Rucksack unterwegs sein zu können. Zurück in Joses Wohnung wird mir das Hinterzimmer mit Blick auf die Stadt angeboten, ein eigenes Bett und Schreibtisch und reichlich Platz, welchen ich nicht brauche. In diesem geborgenen Umstand meine ich besser als jemals zuvor geschlafen zu haben. Matratzen sind wirklich fabelhaft, aber nun mal umso besser und aktiver zu genießen, wenn sie nicht der Dauerzustand sind. 

Fun fact: das sprechen ohne Sprache ist eine Sache des Möglichen. Man braucht nur das heimische Wort für die Sprache die man spricht und der Rest wird einem beigebracht. Zum Beispiel von Obst kommt man nicht drum herum die Namen der Dinge erfahren, die man sich da einsteckt. Dafür haben Spanier vermutlich zu viel Spaß an ihrer eigenen, wunderschönen Sprache. 

16.05.2025, Altea’s Temple Jubilata, Jose‘s Lieblingsstrand und seine Massagen, Seegrass ist für Fische

Ein angenehm ruhiger Morgen wog Jose und mich in den Tag während wir zusammen frühstückten, ich hatte meine eigene Haferflocken/Kerne-Mischung dabei, aber sein Kefir gab dem Ganzen den Kick. Er bereitete alles Nötige vor um einen heutigen Promo-Stand in einer nahe gelegenen Stadt vorzubereiten und bot an mich dort hin mitzunehmen. Davor holten wir noch ein super süßes junges Pärchen bestehend aus zwei Boliviern ab und trafen dann noch auf eine junge Dame, Studentin hier in Alicante um dann zusammen rüber zu fahren. Überraschender Weise sprach keiner der jungen Menschen Englisch und so nutzte ich die Zeit der Fahrt für ein wenig Schlaf. In Altea angekommen machte ich mich auf den Weg entlang einer graden Einkaufsstraße mit tiefblauen Mosaikstücken im Weg, kleine Geschäfte aller Art und ein sehr schöner Teil der zwei Obstläden, zwei Fischgeschäfte und eine Fleischerei beinhaltete, aber Käse gab es auch eine Menge zur Auswahl, also kein Grund zur Panik. Ich wurde nach meinem Avocado-Kauf reichlich mit Nisperos beschenkt und machte mich hoch motiviert durch die pur weiße Altstadt und die vielen gepflasterten Treppen auf den Weg zur Hauptattraktion der Stadt, den Temple Jubilata. Die wunderschöne Kirche lag umrundet von Restaurants and Gassen an dem höchsten Punkt der Stadt und war aus purem Weiß und vielem Gold. Zur jeweils Linken und Rechten des Altars waren große tempelartige Konstrukte in die Wand eingelassen und interessanter Weise war dem weißen Marmor eine sehr elegant wirkende grüne Füllung beigefügt. Insgesamt ein atemberaubender Eindruck von dem nur schwer loszulassen war. Ich genoss eine halbe Stunde Ruhe im kühlen Schatten bevor ich dann mit meinem gekauften Obst in Richtung Strand ging. Das allerdings nicht ohne die Idee, endlich meine Schuhe auszuziehen um Spanien auch barfuß genießen zu können. Meine Barfußschuhe, die sonst so treu an meinen Beinenden hängen, sind nun an mein Rucksack gebunden und erfüllen ihren neuen Sinn auf spektakuläre Weise, während ich meine Barfüßigkeit von Neuem in tiefsten Zügen genießen konnte. Eine völlig andere Art der Wahrnehmung die ein Erlebnis auf unerwartete Weise bereichern kann, wenn man sich überwindet. Was den Schmerz angeht, so löst dieses Problem, wie so viele andere, die Zeit selbst. 

Der Strand gefiel mir beinahe besser als alles andere soweit erlebte, denn die weichen hellen und runden Steine, die jenen schmückten, hatten noch das wundervolle Attribut der Akustik zu sich und so war es eine vor Schönheit kribbelnde Akustik, die sich dem Betrachter zur Aussicht dazu gesellte und dem ganzen eine noch ganz neue Ebene der Wahrnehmung verschaffte. Ich aß einen gelben Apfel und eine Nektarine plus eine Birne. In dem nie nachlassenden Krampf zwischen Apfel und Birne und der Entscheidung welches denn nun das bevorzugte Nahrungsmittel wäre, genoss die Birne in diesem Moment meinen Zuspruch für die Knackigkeit und die Möglichkeit sie so problemlos ganz zu verspeisen. Beim Apfel bleibt es trotz der Gewohnheit eine stete Überwindung auch das Gehäuse zu verschlingen. Meine Meinung...

Zurück bei Jose Zuhause lädt jener mich auch einen kleinen heimischen Strandbesuch ein und ich lerne über persönliche Präferenzen, Träume, Entwicklungen der Stadt, Meinung über Politik und sein Lieblingsgetränk ‘Horchata’ gemacht aus ortsspezifischen Samen die getrocknet gemixt werden und mit Wasser und Zucker jenes getränkt ergeben. Die Samen heißen Chufa. Der Weg zum Strand ist steinig und schmerzhaft, der Wind bringt Jose vom Baden ab, kann sich mir aber nicht vom Hals halten. Somit gehe ich a seiner Stelle das erste Mal im Spanien schwimmen und genieße es sehr. In meiner Hochstimmung finde ich beinahe leuchtend grünes Seegras und bin nach einer Testprobe von dessen Essbarkeit überzeugt. Es schmeckt durch seine Frische und Salzigkeit auch überzeugend, nur die wesentlich später entdeckten kleinen Muscheln und anderes Kleingetier bringen mich schlussendlich doch von dem Geschmack ab. Zuhause gibt es noch ein wenig Pasta mit Avocados, Olivenöl und Pesto und ich bewundere Jose wie schon die Zeit zuvor immer mehr um seine Dankbarkeit für alle kleinen Dinge. Ich denke viel über das nach, was Menschen in anderen Orten der Welt glücklich und erfüllt macht und merke, dass es nicht Geld zu sein scheint. Auf die deutsche Bevölkerung schauend und wie sie nicht wertschätzen können von Gütern überhäuft und in großem Wohlstand zu leben, macht mich überzeugt davon, dass Zufriedenheit woanders herrühren muss. Vielleicht finde ich ja noch Antwort. 

Für einen wundervollen Abschluss unserer gemeinsamen Zeit sorgt die geteilte Massage bei der ich meine Technik ausführen darf und gutes Feedback erhielt bevor er mir seine Technik ausführte und mir wundervolle 20 Minuten bescherte. Jose meint, dass ihm Massagen geben große Freude bereitet und ich beneide seinen Jungen ein wenig um einen Mitbewohner mit solcher Einstellung. Ich genieße mein Bett ein weiteres Mal und muss aufgeregt daran denken, dass Martin morgen Abend ankommen wird und daraufhin meinen Weg begleitet, welcher uns in das 200 Kilometer entfernte Valencia führen wird. Keiner von uns beiden ist je ansatzweise eine solche Distanz gelaufen. 

Tips für Massagen: zu aller erst reibt man den gesamten Körper mit Öl oder Creme, je nach Vorliebe ein. Danach arbeitet man sich von oben nach unten, darauf bedacht, beide Seiten systematisch symmetrisch abzuarbeiten. Füße und Hände sind das schwierigste aber eben auch das Beste. Bei Vollendung streicht man zart über alle Körperteile und kann als Krönung ein Handtuch vorsichtig über den Körper ausbreiten um es dann sehr sehr langsam vom Körper herunter zu ziehen. Ich kriege ungelogen eine Gänsehaut beim beschreiben. 

17.05.2025, Ein Fischer und die einsame Orange, Alicantes Schokoladenseite, Selva mein Lieblingsdoktor, Martin schon so nahe

Ein spannender Tag mit vielen Menschen und hektischem Durch-die-Straßen-eiern. Schon relativ früh bin ich wach um rechtzeitig das Haus des lieben Joses zu verlassen. Wir verabschieden uns nett allerdings ohne die Hoffnung auf ein Wiedersehen, aber wenn wir wüssten... Ich laufe jene Strecke zurück zum City Center, allerdings an der Promenade entlang welche sich durch Sandstein tunnelt und Limestone als Ausgangsstoff für viele dieser Konstrukten beinhaltet. Als ich nach einer Stunde einen Fischer sehe, gesell ich mich zu ihm um gespannt seinen beiden Angelruten zuzuschauen. Leider ohne Glück, aber weder er noch ich waren dadurch gestört. Wir konnten nicht miteinander sprechen, also bot ich ihm lediglich die Hälfte meiner Orange an und meine Hand zum Abschied. Eine schöne Weise um eine Stunde zu vertreiben, und wie beruhigend doch so eine Angelrute wirkt erstaunt doch jedes Mal wieder. Wieder auf dem Weg komme ich in den Bereich Alicantes der nun, dass es Freitag ist, mit Aktivitäten und Menschen gefüllt ist. Ein Biathlon wird veranstaltet, der Strand ist mit Unmengen gefüllt und die Stadt glänzt in ruhiger Schönheit. Ich teile den Weg kurzzeitig mit drei Menschen aus Copenhagen, welche meine richtig gingen und lernte sie auf die Schnelle kennen, bevor sich die Wege wieder trennten. Mit dem Gefühl das meiste der rechten Hälfte Alicantes gesehen zu haben, entschloss ich mich nun für die Linke. Ich fasse zusammen. Viel Hafen, Länge Gartenwanderungen, gerissene Bänder am Rucksack, tote treibende Ratten an Stegnähe, ein angenehmes Mittagsschläflein im Baumschatten und ein wundervolles Buch mit dem Namen ‘Natur’. Eine Sammlung verschiedener Schriftsteller über die Definition des Begriffes und die tiefere Verbundenheit, welche in modernen Zeiten doch so gerne vergessen wird. Vertieft in Seiten und gefüllt von Nüssen schließlich ich das schlussendlich den Kreis und bin wieder in der Mitte. In jener hatte ich bisher wunderschöne Springbrunnen in Mitten kleiner Urwälder verpasst, Parks mit riesigen Feigenbäumen, ‘Figus Physalla’, von welchen Wurzelstricke hingen, welche später zu einer Art Ersatzstamm ausarteten (jene erinnerten mich stark an die Bäume auf Hawaii, sogenannte Banyan Bäume). Ich fand einen meiner liebsten Geschäfte bisher, ein absoluter Knüller unter den Ramschläden, und kaufte einen billigen Keramik-Suppenlöffel mit chinesischen Schriftzeichen und einen winzigen goldenen Kelch mit blauen Gravuren, welcher als Geschenk für Martin vorgesehen ist. Knapp daneben schlug mein sporadischer Drang zum Konsum wieder zu, als ich das erste Mal einen richtig schön bestückten China-Laden betrat. Die abgepackte Vielfältigkeit schloss mich in sich und ich kaufte getrocknete Mandarinen, eine eingelegte Art Wurzel mit 30 Zentimeter Länge, Seetang mit Salz, welches absoluter Liebling werden sollte, als auch der Grund für tagelange Mundschmerzen durch den Aufwand beim Kauen. Ein anderer Beweis dafür wie gut er gewesen sein muss. Ich wollte unbedingt noch Pilze kaufen, Nüsse hätte es auch gegeben und alle anderen Dinge die Aufbacken bräuchten, warteten auch auf mich, aber vorerst sollte es wohl reichen. Von hier aus wanderte ich zum Hafen, setzte mich auf den Holzsteg und  e wunderte Fischkulturen wobei ich mein Buch zur Hand hatte. An einem unbestimmten Punkt, von Laune getrieben, lief ich den Steg entlang bis zur Center-Bushaltestelle, meine Koordinate 0 da meine Reise einst hier began, dann setzte ich mich auf eine Anhöhe und versuchte mich erneut beim zeichnen. Der Ausblick war geboten durch abstrakte Kunst eines drei gesichtigen Frauenkopfes, einem Springbrunnen, eine Hecke mit Palme und Eisenstatuen davor, einer alten Gasse welche durch Torbögen ins Stadtinnere führte und daneben das beeindruckendste Gebäude der Straße, die Casa Carbonell. Eifrig hielt ich fest was festzuhalten war, um mich anschließend an Schnellskizzen der vorbei laufenden Passanten zu versuchen. Eine fürchterliche Enttäuschung auf künstlerischer Ebene, aber eine umso bessere Praxis für jemand wie mich, mit wenig Geduld und vielen abstrakten Elementen in der Form des Festhaltens. 

So kam der Abend mit einer Fülle zu Tode bestürzter Blicke von duzenden Passanten, die gar nicht fassen konnten, dass jemand es wagen würde, ohne Schuhe auf Mauern zu sitzen und ihre schöne Urlaubsstäte zu zeichnen, statt wie ein normaler Mensch einfach seine Fotos zu machen und zu gehen. Ich entschuldigte mich mit breitem Grinsen, was die meisten vermutlich endgültig überzeugte, ich müsste auf Drogen sein, was ich trotz mehrfachen Angeboten von Gras von diversen Dealern nicht bin. Der erste Dealer fragte mich 60 Meter nach der Bushaltestelle, an dem Tag des Ankommens. Drogen sind übrigens Mist. Bald mehr dazu. Zucker sowieso. 

Ich ging also weiter und fand mich 20 Meter entfernt an einer Ampel stehend und ihr werdet es nicht glauben... genau vor mir stand Selva!!! Noch kannte ich ihn nicht, aber circa 2 Sekunden später sprach ich den offensichtlich indischen Mann auf Englisch an und bekam eine wundervoll einladende Antwort und hatte somit einen Weggefährten ergattert, welcher mir für die nächsten sieben Stunden, bis ich völlig erschöpft vor dem Hostel Martin’s stand, als solcher dienen sollte. Selva war fantastisch. Ein Inder der in der UK sein Geld als Doktor macht, fand sich nun auf einer Spanienreise um super Privilegierten mit viel Kohle, Englisch beizubringen. Er freute sich schon und war vor wenigen Minuten angekommen. Mit einem Humor der mir sofort gefiel, ließen wir uns auf einer Bank nieder, erzählten und unsere Geschichte und waren beide gleichermaßen fasziniert von einander. Mit Mitte dreißig hatte der gute Mann soeben sein erstes Haus erobert, eine Sache die eine Freundin für ihn getan hatte, weil er selbst nie daran gedacht hat, obwohl ihm das Geld nie fehlte. Er lebt jetzt in Canterbury. Seine Lebensweisheiten waren berührend und zu hören wie gerne er die Welt bereisen würde, bestärkte meinen Wunsch die Option zu nutzen umso mehr. Er erzählte mir später alte indische Dichtungen über Liebe oder sowas, es ging um eine Poesie von einer 14 jährigen Göttin(?) geschrieben und um ihre Verärgerung über einen Dude, der ihre Zuneigung gar nicht mitzubekommen schien. So ließ sie sein Gewand, welches zur Blößeverdeckung existierte, klauen und befahl, dass man sie damit fächern sollte... eine tolle Geschichte. Anscheinend nicht für Kinder geeignet, was nicht erklärt wieso ich sie dann anhören musste. Nach diesem interessanten Exkurs lerne ich noch über zwei Orte in Indien, einen in welchem der Buddha zur Erleuchtung fand, der andere welcher zur Berühmtheit wurde, weil sich die Beatles dort für ein paar Monate aufhielten und viele gute, ja wirklich sehr gute Musik machten. Er meint zu wissen wieso. Welch weiser Mann. Wir laufen zu seinem Hostel und verlaufen und dann in einen Laden um Orangen zu kaufen. Wir sitzen am Meer und denken über die Zukunft der Welt nach und machen uns dann auf den langen Fußmarsch Richtung Hostel Numero 2, der Ort an dem ich anstrebe auf Martin zu treffen, ohne das bisher kommuniziert zu haben. Um Mitternacht hatte Martin geschrieben da zu sein. Er meinte ob wir uns nicht am Mittag an einem Ort in der Nähe treffen wollen, basierend auf dem Fakt, dass er nicht weiß, dass auch ich im selben Hostel schlafe. Als es soweit ist, trennen sich Selvas und meine Wege, aber nicht zu knapp an herzlichen Umarmungen ist es doch möglich sich zu treffen und außerdem werden wir über das soziale Netz weiter Kontakt halten können. Das freut mich. Er lädt mich herzlich ein bei ihm Unterschlupf zu finden, falls ich mich jemals nach Canterbury verirren sollte und das erfreut mich umso mehr. 

Das Hostel trägt den Namen Capsula und wirbt anscheinend mit kleinem Schlafplatz für große Preise, mit dem Deal, dass die Koje aussieht, wie eine Astronauten Kapsel oder so ähnlich. Von einer Person am Schalter werde ich um ein Uhr nachts eingewiesen und besteige meine im zweiten Stock gelegene Nachtstätte, unwissend genau über Martins Bett zu liegen. Diese Überwachung scheint bis morgen auf sich warten zu lassen. Ein schöner Samstag war das. Ab jetzt wird es richtig spannend, schließlich soll meine Reise nicht länger ‘einsam’ bleiben, sondern vereint mit der Person eines echten Philosophen, anstrebendem Literaturprofessoren und Gutmenschens, dessen Präsenz ich zwar nur selten kosten durfte, dafür aber immer umso mehr genoss. Nun werden es wohl drei geteilte Wochen in einem Zelt und dergleichen. Ich freue mich!

18.05.2025, Ein kleiner Martin im großen Alicante, perfect strangers, San Juan und das erste Camping-Unterfangen

Man wacht auf im stockdunklen. Schwach erinnert man sich an den Umstand und die Räumlichkeit als man beginnt nervös auf die Plastikamatur ein zu schnipsen in der Hoffnung den Knopf für Licht und Lüftung zu treffen. Kaum ist das geschafft, findet man sich selbst in der 1x1x2 Meter Box aus purem Weiß wieder und ist sich bewusst in der Capsula in Alicante geschlafen zu haben. Ich öffne die Schiebetür, nicht größer als ich breit bin, und genieße den Ausblick auf die auch außen herum winzige Räumlichkeit. Bevor ich meine Kapsel aber verlasse, höre ich auf eine Eingebung und ein starkes Gefühl. Ein Gähnen löste jenes aus und mit einem Mal war ich mir beinahe sicher, überhalb von Martin zu liegen. Ich beginne ein Lied zu pfeifen, dann die selbe Melodie zu summen und singe es am Ende auch. 

‘We are rising up, like a phoenix from the fire. Brothers and sisters spread your wings and fly higher. We are rising up. We are rising up.’

Kennen tuen wir es beide von den uns verbindenden Seminaren, welche im Zusammenhang der Verarbeitung und Vorbereitung für unsere einjährigen Freiwilligendienste ein verbindendes Element darstellten. So erhoffte ich eine Reaktion, aber der gähnende Martin war entweder taub oder grade auf der Toilette, zu hören war jedenfalls nichts. Ich machte mich also auf und wollte meine Zähne putzen plus die sonntägliche Kopfrasur dazu hängen, beides konnte ich in der nahe liegenden Damentoilette erledigen, der Ort war nicht mit Absicht bestimmt. Eine schöne Glatze später und ich fühl mich wie frisch geschlüpft und schaffe es keine fünf Meter ohne einen Martin zu stolpern, der grade aus der schäbigen Herrentoilette stolperte. Eine Sache hatte sich an ihm verändert. So war er einst einer der Gründe, die mich durch Antlitz zum wundern brachte, ob ich denn wirklich so durch und durch heterosexuell wäre. Jetzt, mit seinem neuen Look, einem Zentimeter Buzz-Cut, sah er ähnlich beschissen aus wie ich selbst auch und hatte seinen Charme, der von mittellangen Haaren im Mittelscheitel liegend kam, verloren. Nur sein nettes Gesicht, die strahlenden Augen und das breite Lächeln zeugten noch von einstiger Schönheit. Ich grüßte ihn schroff mit einem ‘Morgen’ in der Hoffnung er würde mich nicht erkennen. Ein Umstand der Unmöglichkeit, obwohl er mich zuletzt mit 30 Zentimeter langem blonden Haar sah. Kurz darauf lagen wir uns also überglücklich in den Armen, so meine schwärmende Auffassung der Erinnerung, und als wir uns fassten packten wir alles wichtige und brachen wenig spektakulär auf. Und so waren Martin und ich endlich im schönen Spanien vereint und die Reise unseres bisherigen Lebens sollte final beginnen. 

Ich dachte mir die ganze Sache so: vier Tage meiner Seits an einem Ort fühlten sich nach genug an, um eine optimale Strecke mit möglichst viel schönem kreieren zu können. Dementsprechend wurde unser erster Tag direkt ein sehr Lauf intensiver, als wir uns von Gasse zu Gasse, von Aussicht zu Aussicht und von städtischem Urwald in seichte Hafenwässer verirrten. Meine liebsten Dinge kreuzten den Weg, so zum Beispiel der Nispero-Baum oben auf der Castello de Santa Barbara, von welchem wir im Huckepack ein paar Früchte pflückten. Die Straße der Innenstadt mit riesigen Fliegenpilzen an allen Seiten, der Ramschladen neben dem China-Store, welche beide für ihre Diversität und ihren Vibe besucht wurden. Martin und ich redeten viel, aber nicht alles auf einmal. In einer gesunden Waage aus Stille beim Bewundern und Philosophieren, schienen wir die kommenden 2.5 Wochen gut im Gefühl zu haben und passten das Gesprochene an, was nicht heiße, dass nicht viel gequatscht wurde. Mein wundervoller Martin ist übrigens das Spanisch-Ass von uns beiden. Überragende Duolingo Künste und mehrere Online-Kurse verzauberten angesprochene Passanten im Nu und problemlos losten wir uns durch die Stadt ohne die Hilfe einer Karte. Ein schönes Andenken welches uns vermacht wurde, war ein Zweiertrupp aus Studenten, welche mit einer Photobox aus Pappe nachgestellt, Bilder von Menschen machten und mit einem Drucker sofort produzierten, was aussah wie eine Zeitungsseite mit dem eigenen Bild darauf. Der niedliche junge Mann mit Lockenhaar und netter Brille, überreichte uns das Bild und erwartete kein Geld dafür sondern wünschte uns nur nett alles Gute. Kurz darauf versuchten wir unser Glück indem wir einen Bankwärmer in Form eines ebenfalls jungen Menschens in Nähe des schönsten Gartens der Stadt ansprachen. Wir lernten jenen kurz kennen, ein Pole der eine einjährige Weiterbildung hier in Alicante genoss und trotz seines festen Standpunktes genauso verloren in der Welt schien, wie wir beide es waren. Kurz darauf stoßen zwei hübsche Damen im selben Alter dazu, seine Kolleginnen, und sie klauen uns den Gesprächspartner, weil ein Restaurant auf sie wartet. Am Garten selbst sprechen wir mit drei jungen Britinnen, eine ziemlich kaputt von ihrer Nacht, aber super freundlich mit schönen silber-grauen, tiefliegenden Augen und mit Erdbeeren, die sie mit uns teilt. 

Als wir eine Weile und sehr viel Schweißverlust später auf der Burg standen, ihr merkt wie die Chronologie macht, was sie will, da fanden wir uns wieder vor jenen Damen, nur dass deren Hangover Mate grade am Strand schlief. Ihre Freundin begrüßte uns herzhaft und meinte viel an uns gedacht zu haben und es außerordentlich fantastisch zu finden, was wir da so tun. Mit einer Überzeugung, die ich nicht durch Worte und Gesten abwenden konnte, drückte jene uns nun die erste von einigen noch kommenden Geldgaben in die Hand. Völlig verdattert stottern wir unseren Dank während wir versuchen zu verstehen, weshalb hart verdientes Geld an zwei Obdachlose mit noch weniger Plan als Unterkunft, gegeben werden sollte, aber sie schien überzeugt und wir haben ja noch zwei Wochen um dahinter zu kommen...

Als Alicante von links nach rechts durchschritten ist, Kunstkritik an Schmetterlingskopfstatuen verübt wurde und der eine oder andere Obstladen durchschritten worden war, nicht ohne dabei völlig abgezogen worden zu sein, eine Aktion bei der weder Kassierer noch wir uns ein breites Grinsen über die Banalität des Versuches verdrücken konnten, fanden wir uns am Ende des Satzes genau wie am Ende der Stadt, am hübschen San Juan Strand. Wir lernten auf der mehrstündigen Wanderschaft ein Lied auswendig, der vermutliche Party-Klassiker in Deutschland was Spanisches angeht. 

‘Vamos a la playa

A mí me gusta bailar

El ritmo de la noche

Sounds of fiesta.’

Überraschend langsam sickert die Lyrics in mein eh schon durch Überfüllung überfordertes Hirn, aber kaum drei Tage später werde auch ich fröhlich mit johlen. An diesem Punkt, am weißen Strand San Juans, um 11:30pm etwas nördlich von Alicante, entscheiden wir uns das erste Mal für die harte Tour. Statt einer direkten Camping Aktion hier, wollen wir noch etwa eine Stunde weiter laufen. Dass unsere Rucksäcke überraschend schwer sind und die Gewöhnung daran fehlt, muss nicht gesagt werden. Dass wir durch Magnesiummangel trotz vieler Bananen Krämpfe bekommen, auch nicht. Aber dass unsere Schuhe, welche für die nächste Zeit das größte Problem darstellen werden, uns jetzt schon riesige Schmerzen bereiten, darf wohl doch Erwähnung finden. Nicht nur einmal finden wir uns stöhnend auf Gehwegen liegen in der Hoffnung von göttlicher Hand gehoben und statt zu laufen, getragen zu  werden. Am Ende sind es doch die Schuhe die uns dort hinbringen, wo wir unsere erste, bewusste, gemeinsame Nacht verbringen. Basierend auf den Faktoren, sollte jene die härteste Nacht für eine Weile bleiben, für was wir höchstens dankbar sein könnten. Isomatte, Kuscheldecke, fehlendes Mückenspray und Steinstrand lassen uns mit keiner Wahl außer einer Nacht mit reichlich wenig, weder Schlaf noch Komfort. Ich schaffe meine 5 Stunden, bei Martin bleibt es bei 2. Aber immerhin. Ein Schlafplatz!

Die Polizei sieht campen nicht gerne. Wenn sie einen erwischt, kann mit mit Bußgeld und Platzverweis rechnen, ein Risiko, welches wir durch bedachte Platzierung und vorbildlicher Hinterlassung als auch Abgeschottetheit in Kauf nahmen. 

Trinkreserven sind wie es zu erwarten war, das wichtigste. Zwar packt man sich gerne das ganze Gepäck mit einer Vielzahl von Nahrungsmitteln voll, jene bringen einen aber nicht weit, wenn es um den Wassermangel geht. Wir haben eine angenehme Mitte gefunden, indem wir jeweils zwei Liter an uns haben, und sollte es zu knapp sein, fragen wir in Restaurants und Bars nach einer Auffüllung. Ein Akt, den jeder hier gerne zu performen scheint. Zum Glück. 

19.05.2025, Von Eisenbahnschienen über Autobahnen zu Omar an der Strandbar in La Villa Joiosa

Einen Fiebertraum später konnten wir uns also wieder wach nennen und einigermaßen vom Schock der Nacht und ihrer Mückenstiche erholt, schafften wir es auch unsere Sachen zu packen und weiter zu wandern. Wir kamen durch die Nebenstadt Alicantes, besuchten eine kleine Felswand und ihre Meeresnähe und aßen Martins Zitronenkekse, welche er zur Hälfte der Welt und den in ihr lebenden Vögeln schenkte, nicht etwa aus der sonst gewohnten Gutherzigkeit, sondern aus der Unfähigkeit heraus eine Plastikverpackung adäquat auf einer Seite zu öffnen. Unsere Mittagsstelle befand sich an einem ganz besonderen Platz. Wir wirbelten im kurzzeitig leichten Nieselregen durch Blumenstraßen und kleine Bauten, welche den streunenden Katzen Unterschlupf gewähren sollten, verzehrten eine wilde schöne Zitrone indem wir den Saft in den kleinen goldenen Kelch, den Martin von mir bekam, ausdrückten und genossen den trockenen Ort unter einem Olivenbaum. Das passierte alles bevor wir an unser Mittagsörtchen kam und hier ist die kurze Schilderung unseres Ausblickes: Sandsteinküste mit einem großen flachen Plateau, dass vom Hang abgebrochen zu sein scheint und mit seinen zwanzig Metern von der Hügeloberseite bis ins Wasser ragte. Das Wasser selbst war leuchtend durch Sonne und den hellen Unterboden und lud mehr als alles bisherige zum schwimmen ein. Martin und ich setzten uns und schauten auch die schönen Bauten auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht an und erfreuten uns an unseren Sinnen bis ich mich zurück zog um in der Sonne zu liegen und Früchte zu futtern und Martin sich ans Wasser pflanzte um sein Notizbuch zu bemalen. Später fand ich mich unter dieser riesigen Steinplatte im wundervollen Schatten auf einer Art Bank auf Plastikgewebe, aber völlig ausreichend um eine Art Komfort und Liegefläche zu bieten. Für eine Weile genoss ich Schatten und Ruhe, aber als Martin kam und Hummeln im Arsch zu haben schien, nutzte ich jene von außen kommende Motivation und überredete ihn und mich zum schwimmen. Gesagt getan und wenige Sekunden später quälte man sich über spitze große Steinklotze nackig ins Wasser und genoss umso mehr die vollendete Tat durch schwimmen und tauchen, bei erhöhtem Wellengang und wunderschöner Unterwasserwelt. Auch ohne Taucherbrille gab es viel zu erkunden und sich zwischen Steinen entlang zu schlängeln machte ebenfalls ohne Brille Spaß. Insgesamt gab das den Feinschliff zu einem schönen Ort und wir hatten viel zu lachen, was zwar schön für uns ist, dem Leser aber reichlich wenig weiter hilft. Als Wiedergutmachung hier ein Witz: ah Mist, ich merk grade, dass dieses Format keine Zukunft hätte... Ich kenn ja gar keine, wie doof. Naja, als es dann aber weiter bei uns ging, hatte ich die blendende Idee die Luftlinie einzuschlagen und der Ort welcher das am nächsten möglich machte um in die nächste Stadt zu kommen, waren eben die Bahngleise. Man müsste es sich so ausmalen. Die Berge werden langsam immer größer und vor uns liegt eine Ausbuchtung der Küste, die es ansonsten zu überqueren gäbe. Da wir weder Lust auf Berge noch Steilküste hatten, dachte ich mir für uns beide eben die Gleise aus. Und so kam es, dass wir beinahe 9 Kilometer auf Bahngleisen zurück legten... gefährlich war das ganze natürlich nicht, schließlich haben wir ja Augen im Kopf und zählten die Minuten der Bahn um ihren Rhythmus zu erschließen. Bei einer Schiene war das ein leichtes, 30 Minuten zur nächsten Stadt, und 10 wenn sie an uns vorbei kam und bei der vergangenen Stadt hielt und umkehrte. Mit nur einer Bahn war es uns das Risiko wert, wobei gesagt werden muss, dass Martin die wesentlich gesündere Menge an Respekt und Furcht vor dem tonnenschweren Metallwurm besaß. Wir passierten drei Tunnel. Martin hatte auch seine Zweifel geäußert, aber geschafft hat man es trotzdem. Tom Cruise schafft das auch in jedem seiner unmöglichen Filme, und Spaß gemacht hat es erst recht. So eine medium eingesungene Tenorstimme kann ganz schön trällern, wenn das Adrenalin kickt und jeder Schritt tiefer in die Dunkelheit führt. Der Lokführer grüßte uns mit langen und lauten Gehupe, ein vermutlich typischer, spanischer Gruß der Brüderlichkeit und eh man sich versah, war man auch schon vom Eisen ab und wieder auf dem Weg durch Gestrüpp und staubige Wege um zum nächsten Supermercado zu kommen. Wir aßen eine Orange, ich las eine Bibelstelle, schließlich pilgern wir ja, und dann meditierten wir wobei wir anschließend Atemtechniken und alltägliche Praktiken besprachen, die den einen oder anderen Vorteil bringen könnten. Stand jetzt ist jener, bei dem Martin am meisten dabei struggelt für eine lange Zeit mit gekreuzten Beinen zu sitzen. Ich kann das ziemlich gut nachvollziehen und bin zurück schauend stark überrascht wie sehr ich mich daran gewöhnen konnte, obwohl ich noch weiß wie ich vor 1.5 Jahren mit starken Knieschmerzen anfing zu üben. War super im Schatten zu sitzen und der Weg bis in die Stadt ging direkt zweimal so schnell. Wir kamen zum Supermarkt, wahrscheinlich derselbe bei dem Travis Scott seine Lyrikinspiration für ‘Highest in the Room’ bekommen hatte, weil der mit Abstand bekiffteste Mensch im Umkreis war der werte Verkäufer, welcher uns mit einem nicht zu überbietenden Lächeln und Handschlägen unser Baguette und den Humus andrehte. Lustiger Dude, aber was für eine Pein sich in nem Supermarkt die Beine in den Bauch zu stehen und dabei noch so knalle high zu sein. Egal, das Brot mit Humus und die Hafermilch waren ausnahmslos phenomenal und sehr mächtig, der Schatten knallte und die älteren Damen aus Britannien gaben uns den Rest. Martin hatte sich überlegt ne Wassermelone zu schlachten, aber schien diese Idee aufs weitere verschoben zu haben. Jedenfalls schafften wir es anschließend in die nächste Stadt, wenn auch schon ein wenig müßiger als sonst, die Fußsohlen konnten ihre Probleme und Beschwerden inzwischen nicht mal mehr an all ihren Zehen aufzählen. Ausserdem war mein Rucksack überraschend schlecht konstruiert. Ich hatte Verdacht in jene Richtung schon während Norwegen geschätzt, aber nun schien sich jene stärker als gewöhnlich zu bestätigen. Gerissen war genug, nur von der Polsterung war zu wenig gegeben. Ich hatte mal Martins Rucksack aufgesetzt und musste mir ein Stöhnen der Freude verkneifen, weil der einfach super war. Ich kann mich nur preislich über meinen freuen. Dreißig Tacken scheinen einen doch durch die Welt bugsieren zu können.

Nach einer unangenehmen Autobahnstrecke später und vielen su bewundernden, angefahrenen Schmetterlingen später, nach Einbruch der Dunkelheit und schönem Sternenhimmel, nach Exkursen in so manchen Stephen King Roman und einer Ausführung meiner persönlichen Bezhiehungshistorie, als auch nach der ein oder anderen Reflexion meines Martins über seine Kindheit und wie er ohne Toastbrot aufwachsen musste, kamen wir schließlich doch in die Villa Joiosa. Zwar bei Nacht, aber dadurch nicht weniger erleichtert, und so suchten wir uns den nächst gelegensten Strand um an ihm zu schlafen, diesmal mit Sand und schöner Aussicht auf eine kleine Promenade. Ich fragte bei einer immer noch geöffneten, aber kundenlosen Strandbar nach einem kalten Wasser und fand Getränk und Antwort, beides gegeben von einem hervorragend Englisch sprechenden dreißigjährigen mit überwältigendem Körperbau und klugen Augen. Mit dem kalten Wasser machte ich mich kurzzeitig davon um Martin auf dem Holzsteg zur Seite zu sitzen, mit stehen war ab diesem Punkt nichts mehr zu holen, aber wenig später zog es mich wieder zur Strandbar und meine Anwesenheit gezwungen, sah sich der junge Mann mir gegenüber zur Antwort verpflichtet und so lernte ich für zwei Stunden den wundervollen Omar kennen. Spannender hätte eine Person nicht sein können und ich weiß, dass seine Ansätze und Ideenwelten die meinen noch das eine oder andere Mal bezirzen werden. Hier ist was passierte und wer er ist. 

Omar, 29, aus Algerien, hatte diese Arbeitsstelle durch die Mutter eines Freundes erworben. Sein eigentliches Einkommen erwirbt er allerdings als Content Creator und Influencer in seiner eigenen Talkshow über Genderrollen und beziehungsbezogene Phänomene. Sein größter Wunsch ist es allerdings durch eine Art des Thai-Boxens und Kämpfe von jener Sorte Geld zu verdienen, aber er gibt seinem Traum aktuell noch Zeit. Er ist höchst interessiert in Ernährung, allerdings wie viele andere der Auffassung, dass eine Nahrung nur auf Eiern und Fleisch alles sein könnte, was der Körper bräuchte. Ich kann mich immer noch nicht ganz damit anfreunden, aber unser Austausch über Fasten, über unsere Ernährungsindustrie und B12 war erfrischend. Martin gesellt sich dazu und wir erzählen über unser bisheriges Erlebnis, über das Reisen generell und driften dann elegant in Verschwörungsmythen über die Matrix, das Geldsystem und Impfstoffe ab. Das alles war vertretbar bis zu dem Punkt als Omar auch eigene Vorstellungen über die Geschehen des Dritten Reiches hatte. Wir kommentierten mit gehobenen Augenbrauen und gekratzten Stirnen, aber ließen es undiskutiert. Was soll man Leuten, die sich das Ausmaß eines industriellen Massenmordes nicht vorstellen können auch erzählen? Eigentlich sind sie gesegnet in ihrem Denken und wollen bestimmtes nicht wahrhaben. Oder er hatte in allem Recht und wir werden von Geburt an gebrainwashed, auch total möglich...

Seine Schicht endet um 12 und er bietet uns Eiscreme an, die ich dummerweise ablehne nur um später zu merken, dass das die Rettung für meine bösen Zahnfleischschmerzen hätte sein können. Martin und ich wackeln den Strand hinüber, Martin ackert sich an dem Zelt ab und schafft es zu gegebener Zeit aufzustellen, um dann allein darin zu schlafen, während ich die Sternennacht, die Palme in der Sicht und das Rauschen des Meeres dem halben Ersticken im Zelt bevorzuge. 

Fun fact: auch der feinste und weißeste Sand ist, wenn mit einer Matte bedeckt, nicht weicher als ganz normale Böden. Eine Illusion die sich dieser Nacht in Luft auflösen würde. 

20.05.2025 Vom Casino bis zum Campen auf Europas höchsten Hotel, zum britischen James in Benidorm und Fischsuppe bevor man auf Spielplätzen schläft

Geweckt von dem Zustand des zum Schmelzen verdammten, erlöste ich Martin ebenfalls aus seiner Starre der Nacht, ich sitz schließlich ungern alleine doof rum und den Schlaf holen wir eh bald nach, und so konnten wir immerhin den Tag noch beinahe früh beginnen und nahmen die erste Chance um am Strand unseres Verbleibens zwischen einer Hand voll lokaler Fischer ins Wasser zu springen und den Ekel der Nacht abzuspülen. Nasse Füße und Sand sind so toll wie sie klingen, aber auch das löste sich nach 10 Minuten des Schrubbens in Luft auf und so konnten wir unseren Weg ‘unbeschwert’ fortsetzen. Das Kommende kann allerdings nicht mal eine verherrlichende Retroperspektive  beschönigen und somit überspringe ich den stundenlangen Teil, der uns durch Wüsten und gelbe blätternde Fassaden führte, um uns dann als durstige Wanderer vor die absolute Versuchung eines riesigen Casinos am Straßenrand zu führen. Wir gaben nach, die Lust nach Wasser war zu groß und genauso das Interesse wie denn so eine Halle voller blinkender Automaten und Pokertische auszusehen hätte. Keine Ahnung mit welcher Illusion ich bis dahin gelebt hatte, aber es stellte sich heraus, dass es ganz genauso wie in Filmen aussieht, nur kleiner, hässlicher und mit weniger Menschen. Um rein zu kommen mussten wir uns umziehen, damit wir auch nach einem anständigen Casinobesucher aussähen, dann gaben wir unsere riesigen Säcke ab, welche die Frau des Empfanges dann verfrachten durfte und schon marschierten wir durch gläserne Schiebetüren. Alles danach war langweilig und die 21 Tacken Gewinn lohnten sich auch in keiner Welt. Wir hatte beide lediglich 10 Euro Gutscheine für den ersten Besuch bekommen, eine Bombentaktik um uns als Stammkunden zu gewinnen, und gewannen jene plus einen extra Euro. Den Jubel hätte man bis nach Deutschland gehört, wenn da welcher gewesen wäre. Danach prügelten Martin und ich uns um die 100 Cent und liefen dann todesbetrübt und zaghaft nach Benidorm, im Gegensatz zum Casino ein echtes Highlight...

Von der Ferne stach uns schon ein gewisser Typus Architektur ins Auge. Als wir näher kamen, schälte sich ein Hochhaus heraus was einstimmig zur Besteigung erwählt wurde und so fanden Martin und ich uns nach einem kurzen Zwischenfall, welcher ein vorbeifahrendes Auto und dessen Fruchtware beinhaltete, und deren freundlicher Ausschank an unsere Wenigkeiten, vor jenem Gebäude mit Köpfen in den sonnenversengten Nacken gelegt wieder und begonnen unsere spannende, durch Bond the James Gesumme hinterlegte Reise an die Spitze. Dreiundvierzig Stockwerke später und ein oder zwei Facts über den Ort schlauer, wussten wir nun im höchsten Hotel Europas zu stehen und auf dem Dach campen zu wollen. Eine freundliche Dame nahe der Spitze verlangte von uns den unfreundlichen Preis von drei Euronen pro Kurzhaarfrisur, aber kaum war jene Hürde überwunden, stand nichts mehr zwischen uns und der nächsten Treppe. Und als jene überwunden war, stand rein gar nichts mehr zwischen uns und dem Kunstrasen, welcher den Aussichtspunkt über ganz Benidorm schmückte. Eine Rundumaussicht über das wunderschöne Meer, die Berge um die sich Benidorm legte, aber auch jene in der Ferne, die von uns auf dem Weg zum nächsten Ziel bestritten werden sollten. Die Stadt war unglaublich modern und von unterschiedlichsten Mehrstockbauten versehen. Der zu bemerkende Stil war jener der Zwillingsbauten, also eine Art von Gebäude, die meist immer zu zweit erschien. So war das höchste Ding ein zweifacher Säulenbau, in der Form von zwei Einsen, die sich anschauten und in der entstehenden Schräge an der Spitze zwischen beiden Neigungen nistete ganz frech eine riesige goldene Spirale, welche die klaffende Wunde auf bemerkenswert schöne Weise füllte. Das ganze schien eine goldene Wendeltreppe in schier unvorstellbaren Ausmaßen zu sein, aber als Ganzes betrachtet waren es mehr oder weniger simple Einsen und ein goldenes Dreieck. Ein anderer Bau faszinierte ähnlich, so war auf der gegenüber liegenden Seite eine Art Wohnblock zu sehen welcher die ersten 50 Meter Höhe durch sture, grade Wände wet machte, um dann die Krönung eines normal erscheinenden Riesenhauses, eine Art Villa als Kirschenverzierung zu tragen. Eine beinahe witzige Erscheinung von Wohnraum auf Stelzen. Wir sahen uns satt und aßen dazu Karotten und Baguette. Keine Ahnung woher das Brot kam, aber so schnell kann es gehen und auf einmal denkt keiner mehr an zuckerfreie Ernährung. So geht das immer einher. Man fastet und wird überschwemmt mit neuen Einblicken, neuen Ambitionen und Ideen und setzt jene auch teilweise und mehr oder weniger konsequent um. Aber die doofe Zeit überwäscht alles pure und so bleibt am Ende oft nicht weniger als die schwache Erinnerung an was einst eine neue brennende Intuition war und sobald der erste Bruch und Betrug am eigenen Vorhaben begangen wurde, lässt der zweite oft nicht lange warten. Meine Ernährung wurde also ab jetzt immer mehr der spanischen Supermarkt-Kusine ein Opfer und somit zwar leckerer, aber doch nicht viel gesünder. 

So schnell wie wir es nach oben schafften, geschah der Prozess auch rückwärts zurück zur Erde wo wir uns dann Richtung Strand wandten und an der gefliesten Promenade unser Glück versuchten. Unsere Köpfe kochten und wir suchten eine Möglichkeit auf salzige Wassernähe ohne auch gleichzeitig in Menschen untergehen zu müssen. An einem Kaffee führte einer schmaler Pfad, für die meisten nicht als existent zu betitelt, für uns aber grade genug, an der Steilküste entlang und endete an einem kleinen graden Teil 20 Meter unterhalb der auf dem Hügel gebauten Häuser und mit einer kleinen Klippe an sich, circa 4 Meter, welche wir später nutzen würden um ins Wasser zu springen. Wir designten und ein erneutes Gericht, mixten Dinge wie Haferflocken und Kichererbsen, mehr Brot und gute Tomatensoße, Seetang durfte natürlich auch bei keinem Gericht fehlen und bis auf die Zahnschmerzen oben links bereute ich nichts an unserer Lebensweise. Ich konnte sogar schlafen... email wieder in der prallen Sonne, aber die 50er Sonnencreme schien echte Wunder für meinen weißen Arsch zu leisten und so kam ich ohne Röte davon, allerdings wurde ich so auch kaum brauner. Unsere gemeinsame Aufgabe, Never zu findenden Erleuchtung auf dieser Reise, war auch die Suche nach der Antwort ob denn Sonnencreme wirklich etwas ist, das wir auf unserer Haut haben wollen. Kontrovers und viel diskutiert fanden wir uns wie mit so vielem gestrandet in absoluter Verwirrung ob Wahrheit denn nur relativ und allseits indiuvuell gewähret wäre, oder ob Bestimmtes einfach sicher zu sagen sein könnte. Martin nutzte die Zeit um mit Seife und Salzwasser seine Klamotten zu waschen. Belustigt reflektierte ich in der selben Zeit Inder er alle Klamotten getragen hatte und nun zum waschen bereit ist, immer noch dasselbe Outfit trage wie zu seiner Ankunft. Zum Glück können wir einander nicht mehr riechen, aber fehlende Duschen und immer gleiche Kleidung wird wohl so manchem auf der Straße ein kleines Geruchsphenomen präsentiert haben. Auch die kommende erste Nacht gemeinsam im Zelt wird dadurch nicht angenehmer werden, aber dazu mehr später. 

Wir schlendern also so durch Bendidorm und treffen an der Strandstraße den daher gleitenden James aus der UK auf seinem Elektro-Roller. Der gute Mann mit seinen circa 50 Jahren hätte witziger nicht aussehen können geschweige denn lustiger reden können. Wir befreunden uns in weniger als 20 Sekunden und keine Minute später lädt er mich auf den Roller ein und ich darf mein aller erstes Mal eine Runde auf einem solchen Gefährt drehen. Es macht ungelogen Spaß und ich kann die Menschheit verstehen sich freiwillig in die Zukunft aus Komfort und Nichtbewegens zu begeben um zu leben wie jene Menschen auf dem Raumschiff in dem Film des kleinen Roboters, der als letztes noch auf der Erde haust um Müllreste gepresst zu stapeln. Ich konnte nie sagen wie unrealistisch mir dieser Film erscheinen würde und in Wahrheit tut er das nicht. Kennen tue ich schon Menschen die dem optischen Ideal entsprechen würden. James erzählt von seiner wilden Zeit hier und wie er nicht mehr als 3 Stunden in den letzten Tagen seit Freitag bekommen hätte. Zudem beschwert er sich über seinen Daydrinker eines Freundes, der zu nichts zu bewegen wäre und die Preise für Prostitution hier in Benidorm passen ihm auch nicht, aber er meint trotzdem eine tolle Nacht gehabt zu haben, wobei er nicht vergisst uns beide zu beglückwünschen, da wir in unserem Alter für den ganzen komplex noch nicht zum zahlen verdammt wären, sondern lediglich jemanden anlächeln müssten. Wir ignorieren sein Kommentar und schließen ihn in unser Herz. Er bietet an mit uns angeln zu gehen, aber wir müssen ablehnen, weil es noch einige Kilometer zu bestreiten gilt und wir sonst zu sehr an einem Ort mit einer Person hängen bleiben. Wir drücken uns herzlich und auch das Foto fehlt nicht, es wurde sogar von ihm beantragt, und keine Sekunde später sind wir schon wieder auf dem Weg. Wir klemmen uns hinter einen schnellen Läufer und behalten sein Schritttempo als Motivation bei bis wir uns absplitten um bei einer Eisdiele nach einer Testprobe zu fragen. Wir erhalten eine und wollten schon weiter gehen, aber die Verkäuferin war so unglaublich nett, dass ich mich grauenhaft gefühlt hätte ihre Zeit für zwei nichts kaufende Idioten zu verschwenden und deshalb kaufen wir doch eine Kugel. Nicht zuckerfrei aber sehr gut schmeckend. Nur eben auch leider total teuer. Wurst! Kurz danach finde ich einen Schuhladen. Heute war der Tag an dem ich sicher wusste nicht mehr zu können. Die Blase zwischen den beiden vordersten Zehen artete immer weiter aus und die Schmerzen grenzten manchmal ans Extreme und Schuld hatte zu großen Teilen die fehlende Sohle im rechten Schuh. Ich finde eine perfekte Lösung und wir entfernen uns mit einem Problem weniger. Danach sitzen wir mit Strandsicht und sind mal wieder am Essen, das können wir tatsächlich unglaublich gut.

Wir peilen den etwas weiter weg gelegenen Parque Natural Serra Gelada an und erreichen die Vorstadt nach dreistündigem Dauermarsch. Wir passieren die Stadt L’Alfàs del Pi und finden spät abends noch ein kleines Restaurant, dass uns zu unserem Baguette ein kleines Schälchen mit fabelhafter Meeresfrucht-Tomatensoße serviert. Als wir fertig sind und den vermutlich größten Hund dieser Welt neben uns zu sitzen hatten, grüßt uns der Besitzer des Restaurant mit gebrochenem Deutsch und erzählt von seinem Werdegang und dem Fakt, dass er Nähe Kuhdamm ein Restaurant in Berlin führte und Martin bemerkt anerkennend, welche Leistung das wäre. Wir wackeln weiter und setzen uns erschöpft auf eine Bank um unser erstes gemeinsames Lied anzuhören. Ich selbst besitze seit Dezember kein Spotify mehr, als dem einfachen Grund immer viel zu viel Musik gehört zu haben, ich liebe schließlich die Erfindung der Klänge, aber da ich jede freie Sekunde damit füllte, fehlte mir die Fähigkeit es auch wirklich wertzuschätzen. Ausserdem konnte ich so nicht die Ruhe finden um in Gedanken zu sein und ich denke auch nicht großartig viel Musik selbst gespielt zu haben, wenn es nicht zum Ausgleich für jenes Fazit gewesen wäre. Und so kam es, dass Martin und ich uns auf YouTube fanden, Jeremias Eingaben und ich eines der Top 3 Lieder aussuchte und es spielte. Für ein paar Momente füllte dann ‘Alles’ von Jeremias unsere Luft und wir mochten es beide ausgesprochen gern. Danach ging es weiter und keine Stunde später fanden wir uns nach einem steilen Anstieg aus der Stadt heraus auf einem Spielplatz mit Sicht über die ganze Gegend, wenn es denn Sonne gegeben hätte. So war es nur Mitternacht, aber selbst unter jenem Umstand sahen wir die riesige steile Felswand neben uns aufragen und die Aussicht auf die Lichter der Stadt welche alles in goldenen Schimmer tauchten. Die Sterne litten unter der Störung, aber waren dennoch klar zu erkennen. Kaum war das Zelt aufgebaut, lag man auch schon drin, die Zähne geputzt und die Taschen halbwegs verräumt. Sie draußen zu lassen schien keine Option gewesen zu sein und so zogen wir uns lieber chronische Verspannungen und Yogaposen zum einschlafen zu, anstatt ein kleines Risiko einzugehen. Der Schlaf war furchtbar und durch Enge plus Stickigkeit gezeichnet, aber die Nacht war überstanden eh man sich versah, den Teil übernahm die durchgehend anwesende Erschöpfung. Fantastisch!

21.05.2025 Déjà vu Altea, ein zweiter Riss, Martins Taschenmesser, unser Engel Diego und die Geisterstadt der Wildschweine und Veteranen

Im Zustand unverändert öffneten wir am Morgen wieder die Augen und krochen mit Freude aus unserer Höhle. Ich verzog mich um quality time am Handy zu verbringen und fand Pfad welcher zu einem Ausblick über das Meer und die Nachbarstadt Altea bot, der Ort von dem ich so sehr gehofft hatte ihn irgendwann mal wieder zu sehen, seit ich mit Jose dort hingefahren bin. Ich aß ein Glass voll Kichererbsen, versuchte mich mit bescheidenem Talent am Videoediting und antwortete auf die Nachrichten, die mich sonst aufessen würden. Total erleichtert von jenem Ballast kehrte ich bald zurück um Martin vorzufinden, der vermutlich weit besseres mit seiner Zeit anzustellen wusste, und so saß er da mit Notizbuch in Denkerpose erstarrt, als er mir von dem Vogelgeschöpf berichtet, welches ihn besucht hatte. Seine Beschreibung rief in meinem Kopf einen Fasan hervor, er konnte sich damit aber nicht zu hundert Prozent anfreunden. Wir brachen auf und hatten keine zwei Stunden später auch schon das wundervolle Altea vor uns. Selten schöne Steinstrände, ein toller Hafen, die geflieste Innenstadt und natürlich der Temple Jubilata lagen vor uns und wir besuchten sie alle, allerdings erst nachdem mein zweiter Schultergurt riss. Voll Verzweiflung standen wir neben Bauarbeitern und ich sprach jene an. Voll Verwirrung machten jene mir deutlich kein Wort englisch zu sprechen. Voller Fügung stand auf einmal eine nette Dame neben mir und dolmetschte für mich. Voll Freude hielt ich keine 10 Sekunden eine weiße 3 Meter lange Schnur in den Händen und wollte schon wieder vor Dank zerfließen, aber keiner der Anwesenden wollte das so richtig zulassen. Deswegen saßen Martin und ich mal wieder auf einer Bank mit Aussicht auf Palmen, weißen Strand, kleine Inseln in der Ferne und britischen Touristen vor der Nase. Wir schnabbulierten das restliche Obst, ich machte mich daran Knotenkünste im Angesicht der Not für solche zu erlernen und schaffte mir die beiden wichtigsten mit Verständnis herzuleiten. Warum lernt man sowas nicht in der Schule? Danach ging es zum Brunnen der Stadt für mehr Wasser, dann in den von mir entdeckten Obst Laden mit diversen anderen Dingen wie Fleischerei als auch Fisch- und Käsestände, und wir probierten Schafskäse bevor wir unseren Obst die Taschen öffneten und für einen Zehner wieder einen Tag lang genug zu futtern haben würden. Der Luxus des Tages war die gekaufte Cantaloupe und wenig später wurde genau diese auf dem Marktplatz des auf der Spitze der Stadt liegenden Tempels verzehrt, nicht ohne gierige Blicke anzulocken. Das Ganze funktionierte so fabelhaft, weil Martin nur ein paar Minuten zuvor in einem Geschäft für Besteck und Messer seinen persönlichen zukünftigen Begleiter ausmachte, ein mittelgroßes Opinel mit Spitze. Absolut ausreichend und hervorragend in Funktion und Preis. Damit schnitten wir ab jetzt mehr oder weniger geschickt jedes Brot und jedes Naturprodukt ohne dabei Finger oder Gewebe aufgeben zu müssen. Martin, welcher zuvor anscheinend noch kein scharfes Messer führen durfte, stellte sich manchmal einem Kind gleich an, aber das machte das ganze nicht weniger süß. Nur halt tausend mal gefährlicher und so fand ich mich mit der Ehre, ihm ab und zu Verbesserungsvorschläge geben zu dürfen. Meine Hände und Handgelenke sind selbst mit Narben von Messerschnitten übersät, keine davon mit Absicht, aber als Kind versuchte ich mich mit vielen Schnitzereien und das auch nicht all zu geschickt. Gelernt hab ich zumindest etwas... niemals hin zum Körper zu schneiden! Und die Klinge für sich arbeiten zu lassen anstatt mit Gewalt zu drücken und zu ziehen. Martin macht einen überragenden Job und die Cantaloupe schmeckt vorzüglich. Ein paar Briten, immer Briten, quatschten mit uns und bewundern unser Vorhaben bis nach Valencia zu laufen und scheinen uns beinahe dafür zu beneiden, wie arm und unbeschwert wir uns durch die Welt boxen. Sie selbst sprechen sich die Fähigkeit dazu ab und überzeugt werden wollten sie nicht. Wie schade. 

Als Altea uns zu alt wird und wir nach Neuem suchen, beginnen wir einen Weg der Berge der uns durch unglaubliche Landschaften entlang der Autobahn führt, durch Tunnel in den schönsten Bergen und Aussichten ohne Ende. Unser Weg führt uns nach Calpe aber am Höhepunkt der Reise, nachdem alle Berge überwunden scheinen und nur die Aussicht auf die weißen Häuser in grünen Berghängen und der steile Hügel Calpes mit der erneut weißen Stadt um sich herum direkt am Meer vor uns liegen, stoßen wir auf das Restaurant, welches trotz der vorher gehenden Schönheit des Tages das absolute Highlight darstellen sollte. Gekommen sind wir nur, weil wir nach Salz suchten um uns selbst Avocado Paste zu machen, Guacamole wäre übertrieben auf unser Vorhaben bezogen. Was stattdessen passierte war folgendes: wir betreten das Restaurant und werden vom jungen Diego begrüßt. Wir erklären ihm unsere Lage, unsere Reise und unser Bedürfnis nach Salzbund bekommen jenes. Er erklärt uns im Prozess, dass dieses kleine Gebäude aus vier Gastronomiekomplexen bestünde. Zum einen ist es ein italienisches Restaurant. Dazu gibt es eine eigene Pizzeria und zu unserer rechten das kleine Glasfenster in dem die Backwaren der Bäckerei präsentiert werden. Diego selbst steht an der Coffee-Bar und sieht sehr stolz aus. Unsere Blicke fallen auf die Backwaren und vor allem Martin ist hin und weg. Ein Croissant lächelt uns an mit Erdbeerverzierung, Schokolade und perfektes Bernsteinfärbung. Mit Wasser im Mund tätigt Martin den Kauf und als wir in die Tüte blicken, finden wir ein zweites Gebäck, eine Art dicke Scheibe aus Blätterteig mit oranger Füllung von unfassbarer Cremigkeit und voll mit zuckererzeugtem Geschmack. Ja, wir haben das gegessen, und ja, ab da war das mit dem Zucker eh Geschichte. Mist! Aber es hört hier noch nicht auf. Diego erzählt uns von dem Leben hier und wie es im Winter sehr ruhig ist und nur die Sommerzeit beanspruchend sein kann. Er liebt diesen Ort und es scheint ihn nicht in die Welt zu ziehen. Wir beide sehen seinen Punkt. Allerdings erblicken wir auch auf einem abgeräumten Teller zwei Pizza Stücke, die ein Kunde nicht vollenden konnte, und eine Schamgrenze die es zu überschreiten galt, später, frage ich Diego ob wir nicht diese Pizza Stücke haben könnte und er grinst uns breit an und packt sie in Alufolie ein. Er verschwindet kurz und kommt mit einer großen Pappetüte zurück, welche später von uns genauer diagnostiziert wird, als eine voll mit Nahrung, wie zum Beispiel gebratenen Kartoffeln in Soße oder drei Hühnchenschenkel. An diesem Punkt fand ich die Welt einfach nur zu fies um mitzuspielen und entschied mich kurzer Hand statt Vollzeit-Vegetarier lieber nach dem Motto zu leben, kein Fleisch zu essen, wenn es etwas anderes gibt und nur in den seltensten und schönsten Fällen dann doch mal ein wenig zu haben. In diesem Fall war es nicht wenig und mein Magen wird es mich wissen lassen, aber es erschien mir wert, die sonstigen Werte zu brechen, um diesen hier richtig genießen zu können. Es scheint als läge noch ein ziemlich langer Weg vor mir um wirklich von allen Versuchungen zu entfliehen und tatsächlich pur und überzeugt nach meinen Wunschvorstellungen leben zu können. Aber eines Tages ist man da, ganz bestimmt. In Martin und meinem Fall waren wir noch keines Wegs da, wir waren auf der Spitze eines Berges bei Diego und brauchten noch einen Schlafplatz, also sagten wir in all unserer Wortpracht Dankeschön! und gingen unseres glücklichen Weges. Als wir von der Autobahn abbogen um tiefer ins Umland zu dringen, dauerte es nicht lange bis wir einen Kaktus fanden. Wir hatten schon unzählige gesehen, aber hier war endlich wieder ein Früchte tragender. Wir schnitten sie ab und teilten die Kaktusfrucht. Ob es den Aufwand wert war bleibt unklar, aber immerhin essen... wir haben ja so unglaublich wenig bei uns. Wir laufen die Straße entlang und folgen dem Schild zum Casa Del Coco, eindeutig die Beschreibung meines Zuhauses wo meine Hündin Coco auf mich wartet, aber statt einem schönen Labrador treffen wir auf ein weniger schönes Wildschwein welches sich interessiert und freundlich immer weiter nähert. Wir reden auf es ein und überzeugen es zum Frieden, woraufhin es vorausläuft und uns den Weg deutet, in die Stadt die für uns zum kleinen Horror werden sollte. Nichts außer verlassene Baracken oder noch schlimmer, leer stehende Riesenvillen in denen niemand wohnt der aufmachen könnte, aber anscheinen genug Leben in sich hat um komischste Geräusche von sich zu geben. Wir klopfen an einer Bruchbude und nie im Traum hätte ich gedacht, dass es Leben in sich hält, aber eine kleine sehr alte Frau guckt verängstigt aus der Tür und erklärt uns, dass sie uns weder helfen noch verstehen kann. Wir bedanken uns und gehen, nicht ohne eine ordentliche Portion Schock mit uns zu tragen. An einer Baustelle folgen wir einer Schotterstraße abwärts und suchen uns eine Nische in der Nähe einer Mauer, um dort zu essen. Das Essen war fabelhaft und das Meiste seit Tagen, aber soll hier nicht weiter ausgeführt werden, schließlich liest es sich schlecht mit grummelnden Magen. Als sich Martin auf die Suche nach Steinen für das Zelt begibt, um als Heringersatz zu agieren, entsteht die nächste Situation, die ihn und einen älteren Herren beinhaltet. Ich höre lediglich die Laute, ein Brüllen aus undefinierbaren Worten und ich sehe wie Martin mich herüber winkt. Es klingt als wäre der Mann sehr aufgeregt über uns und würde wüten. Er steht oben auf der Straße und schaut 20 Meter herunter auf uns. Er brüllt und brüllt und als ich zu Martin stoße, merke ich dass er nicht zu ihm spricht. Er schaut in die Welt und brüllt über uns, nicht zu uns. Man versteht eine Art Englisch, sehr zerkaut und undeutlich und er flucht. Wir setzen uns und lauschen mit der neuen Aufgabe ein Krankheitsbild über seinen Zustand zu erstellen, aber nach einer Minute deute ich Martin mir zu folgen und den guten Herrn zu konfrontieren.  Dieser steht in der Nähe der früheren Baustelle und mit der Präsenz der dortigen Arbeiter traue ich mich bergauf zu wandern und mit Martin im Gepäck mit ihm zu reden. Dazu kommt es leider nicht, weil der Dude nen Rückzieher macht und als wir die Arbeiter auf ihn ansprechen, meinen sie er wäre verrückt, wobei ihre Gesten das sehr gut verstehen ließen. Sie raten uns die Stadt zu verlassen und auf keinen Fall zu campen. Ich hatte das sowieso abgeschrieben und bin froh nicht hier schlafen zu müssen. Ohne dem Mann etwas unterstellen zu wollen, so kam er mir doch vor wie die Sorte Mensch, die einen doch auch mit einem Stein erschlagen würde. Also gut, Martin und ich laufen weiter. Dass wir noch ewig unterwegs sein würden wussten wir nicht und so kam es, dass wir erst spät abends auf einem Wald der umliegenden Hügel einen Ort fanden um das Zelt aufzuschlagen. Weit weg von der abendlichen Gestalt und näher an dem Ort, den wir seit so vielen Tagen zu erreichen anstreben. Valencia. Wir schlafen schnell und gut und das wird essenziell für den kommenden Tag sein, schließlich stellen wir einen absolut wahnsinnigen Laufrekord auf. Bis dahin!

22.05.2025 47 Kilometer sind Beschreibung genug, Denia’s Sandstrand

Unser ambitionierter Tag startete sehr langsam und gemächlich mit einem Frühstück aus Avocado, Brot, Zitrone und Orange, Karotten und einer Birne. Wir saßen in dem schönen Waldstück, eine bisherige Seltenheit, aber abseits der Küste wohl doch keine Unmöglichkeit. Wir hatten noch oft über Diego, den jungen Mann des gestrigen Abends zu schwärmen und packten anschließend unsere Sachen um in Richtung Denia zu laufen. Als wir los gingen schoss uns die irrsinnige Zahl 42 als Ziel unseres heutigen marsches durch den Kopf, da wir wussten sehr viel Autobahn vor uns zu haben und diese so schnell wie möglich hinter uns lassen zu wollen. Am Ende wurden es knapp über 47 Kilometer des Laufens. Der Weg war der Seitenstreifen auf der Schnellstraße, in seinem Ausmaß nicht vergleichbar mit dem aus Deutschland, sondern lediglich ein Meter breiter Pfad den wir uns mit Unmengen an Rennradfahrern teilen durften, die den schönen Asphalt der durch die Berge führenden Straßen zu ihren Strecken auserkoren hatten. Wir passierten auf dem Weg schöne Felder aus Olivenbäumen und Orangenheine, wir sahen Kakteen und Dattelpalmen, Oleander und Jadepflanzen. In einer Zivilisation angekommen, betraten wir ein unglaublich eingerichtetes Gebäude für Innenarchitektur und Möbel, mit den schönsten Ideen für Spiegelrahmen, Bettgestelle, Schnitzereien in Größen bis hin zu originalen Tierkörpern wie Ochsen und Löwen. Als wir die Angestellte nach einer Wasserspende fragten, trat ein deutscher Mann an unsere Seite und drückte uns entschlossen den nächsten 20 Euro Schein in die Hand. Mal wieder kam jeder Einspruch umsonst und wir mussten ihn annehmen, dem Verständnis wieso das passiert sind wir aber noch nicht näher gekommen. Mit kühlem Wasser, welches sie extra für uns holte ging es dann also weiter und in der Straße die außerhalb des Ortes führte, fanden wir den ersten von noch vielen kommenden Geschäften. Ein Porzelan- und Keramikladen mit einer Vielzahl von Tellern, Statuen und Brunnen, die in großer Vielzahl zur Schau gestellt wurden. Am Anfang bewunderten wir noch die Schönheiten des Geschirrs, aber mussten uns bald eingestehen, dass bei der Menge dieser Läden in jedem kleinsten Ort eine Art Ort für Geldwäsche vorliegen muss, wie es bei vielen Kebab-Läden in Berlin auch der Fall sein dürfte, so Martin. Wir machten eine Mittagspause im Schatten eines Nadelbaumes mitten in der Gegend in der Berge aus Sandstein, Kalkstein und Dolomiten abgetragen werden und wahnsinnige Gebilde der Reste aus Bergen zurück ließen. Das restliche Brot wurde zusammen mit dem Olivenöl, dass wir von Zeit zu Zeit von Restaurants erbettelt hatten, aufgegessen und dazu hatten wir noch unser erstes richtig gutes Pesto. Unsere Erdnussbutter wurde auch beständig weniger und spätestens ab hier darf gesagt werden, dass bitte niemand diese Art von Ernährung übernehmen sollte... alles trieft hier vor sich hin!

20 Kilometer nach einem zufälligen Kreisverkehr überprüfe ich unsere Strecke für die Kartenapp meines mobilen Endfunkgerätes und muss feststellen falsch abgebogen zu sein. So befanden wir uns auf der unangenehmen Mitte der Optionen entweder an der Küste entlang zu laufen, was am schönsten gewesen wäre aber am längsten, oder der schnellsten und kürzesten Route mit einer graden Linie durch die Berge. Wir waren stattdessen in der Mitte dieser beiden Möglichkeiten und hatten einen verlängerten Bogen durch die Berge vor und hinter uns. Da es zu spät war sich zu beschweren, genossen wir stattdessen einfach den unglaublichen Ausblick in rötliche Berghöhen, in faszinierende Höhlengebilde und in die verlassenen Höfe mitten hier im nirgendwo. Bereut haben wir am Weg wenig und als wir an einem Café vorbei kamen, gönnten wir uns als Belohnung sogar ein Schokoladeneis und eine Packung Milch. Zweiteres können  wir uns echt nicht erklären, eigentlich trinken wir nie Milch, aber in dem Moment packte es uns einfach. Unsere Hirne schienen im any zu mutieren und so hatten wir den Einfall unsere Schuhe zu tauschen, als wir das Café verließen, in der Hoffnung, dass die Abwechslung unserer beider Probleme lösen könnte. Die darauf entstehende Pein möchte hier gar nicht erst erwähnt werden, und so fanden wir uns wenige Minuten darauf wieder auf altbekannten Sohlen. Wir durchquerten kleinste Dörfer und blickten betrübt in zerrissene Gewächshäuser und abblätternde Fassaden. Wirklich überzeugt waren wir nicht grade von dem Landleben Spaniens und die Hitze machte auch keinen Aspekt erträglicher. Wir liefen und liefen also wie schon den restlichen Tag, inzwischen kamen wir an die Grenze der acht Stunden als die Sonne sich endlich zu setzen begann. Wir zogen uns zum beschleunigen an der Metallreling der Autobahn und untersuchten den zugemüllten Straßenrand nach Dingen mit Nützlichkeit. Ich benutzte mein Handy auf sinnvolle Weise und schaffte es mal jemanden anzurufen. Die Wahl fiel auf meine liebste Freundin Linnéa. Als wir dann zu unserer Ausfahrt für die Nacht stießen, bogen wir ab und trafen das erste Mal auf die Art von Wald, die uns noch unzählige Kilometer begleiten würde. Ein dichtes Gewächs aus einer Art Zwischenform von Bambus und Schilf. Fünf Meter hoch, fester Stamm und undurchdringlich. So dachten wir jeden falls bevor wir das laute rascheln im Gebüsch nur wenige Meter von uns entfernt hörten. Wir wichen zurück und ich deutete Martin sein Messer nur so zum Spaß schon mal in der Hand zu halten. Das Tier, dass sich da grade durch den Bambus wälzte machte eine Menge Krach und schien sich nicht an der Härte des Gestrüpps zu stören. Es schien uns zu bemerken, blieb für eine Weile stehen und verschwand dann rennend, aber ohne ein Geräusch zu machen, das auf sein Sein hingewiesen hätte. Da wir schon Wildschweine getroffen hatten, hofften wir auch so etwas. Wir waren 2 Kilometer abseits der Stadt Denia gelandet und trafen auf ein Autokino. Wir sprachen die Menschen an in der Hoffnung einen schönen Ort zum schlafen erfahren zu können und in der Hoffnung ein billiges Filmprogramm für den Abend erhaschen zu können, aber bis auf kühles Wasser und den Tipp am Strand zu schlafen konnten sie nicht mehr für uns machen. Hätten wir gewusst wie schön der Strand sein würde, hätten wir auch nie auf mehr hoffen können. So setzten wir uns und unsere breiten Hüften und wunden Füße im wackelnden Marsch in Bewegung in Richtung Strand um dort im Dunkeln die Schuhe loszuwerden, zum Wasser zu laufen und uns abzukühlen und dann noch eine Weile am Strand auf und ab zu spazieren. Ein herrlicher Spaß. Das schönste war die Idee beim zurück laufen zu unseren Rucksäcken, schnell wirbelnd über den Strand zu rennen, sich also zu drehen so schnell es ging und dabei zu versuchen in eine Richtung zu taumeln oder zu rennen. Das hatte ich damals mit meiner Freundin Mia in Kanada an einem wundervollen Strand an der Westküste der Insel von Vancouver Island herausgefunden und seitdem nicht mehr gemacht. Dasselbe jetzt mit Martin zu tun erfüllte mich mit kindlichster Freude. Erschöpft und glücklich aber mit der Sorge um Regen, fanden Martin und ich eine Art Höhle aus dichten Ästen nahe des Strandes. Eine Art Unterschlupf die vermutlich von Kindern oder anderen Strandbesuchern gebaut wurde und perfekt für unser Zelt reichte. Es hätte morgens um neun Uhr anfangen sollen zu regen und wäre das der Fall gewesen, dann hätte ich auch keine Probleme mit dem draußen schlafen bekommen. Es sollte alles ein klein wenig anders kommen, aber um das herauszufinden hätte ich noch eine verkürzte Nacht Zeit. Und so schliefen Martin und ich nach unzähligen Kilometers des Wanderns am schönen Strand Denia’s ein, er im Zelt und ich direkt daneben mit den Füßen im Sand in der Hoffnung die frische Luft würde die Blasen heilen lassen. Ein wundervoller Tag!

Eine Sache möchte aber noch Erwähnung finden. Es wäre unfair euch in dem Glauben zu lassen, wir würden eine solche Strecke laufen und am Ende des Tages einfach froh darüber sein alles geschafft zu haben... Nein nein nein! Das Wichtigste und Schlimmste hab ich einfach weggelassen. Und zwar durfte Martin über diese 9 Stunden des Laufens unentwegt anhören, wie schlecht es mir ginge, wie mein Kopf vor Hitze qualmt, dass die Schuhe der letzte Dreck wären, oder meine Tasche viel zu schwer aber zu schlecht gebaut wäre, aber genauso dass unser Vorhaben alles nur Quatsch wäre und wir doch niemals ankommen. Das alles hab ich permanent von mir und Martin zu bedenken, welcher selbst sich kein einziges Mal beschwerte und immer nur geduldig und nie genervt zuhörte. Insofern möchte ich den Fokus von unserer Errungenschaft der gelaufenen Distanz nehmen und stattdessen wild fuchtelnd auf Martin deuten und euch still schweigend durch geschriebenes Wort schreiend kund tun, dass jener junge Mann der einzige Grund ist, dafür dass uns ein solches Unterfangen glücken konnte. So, ein kleines bisschen Martin-Werbung wäre auch geschafft... für mehr bezahlt er mich nicht gut genug!

23.05.2025 Starkregen und ein schönes leeres Haus, zwei Typen laufen in eine Bar, das Stadtfest in Piles und eine warme Nacht

Ich dachte mit meinem Apple Wecker ‘Chalet’ hätte ich den besten Weg wach zu werden für mich entdeckt. Es stellt sich heraus, dass der Beginn leichten Regens einen beinahe aus der Waagerechten direkt ins Stehen geleitet. So war es für mich um 6 Uhr morgens mit der Nacht vorbei als genau jenes Phänomen einzusetzen begann und ich verzweifelnd ‘Ma Marttt Martiiiin’ stotternd an der Außenseite des Zeltes zu kratzen anfing, um ihn dazu zu bewegen mich reinzulassen, während ich verzweifelt alles Hab und Gut an meiner Seite zusammen pferchte und das Zelt damit ausstopfen versuchte ohne meinen Weggefährten größere Schäden zuzufügen. Als jener Akt vollendet schien und nur noch mein mit Poncho verzierter Hintern auf dem immer nasser werdenden Sand saß, hieß es nun in das beinahe völlig volle Zelt selbst noch einzudringen. Ich spare die Details, aber die Endposition war jene des gekrümmten Schneidersitzes im Fußraum Martins, mit Telefon in der Hand und drei Stunden des Tagebuch Schreibens vor mir. Auch total ok. Wäre da nicht dieses erstickende Attribut zu unserem Zelt durch fehlende Lüftungskanäle. Aber beschwert hab ich mich genug, zumindest war man trocken. Und sandig. Und müde... aber halt auch in Spanien und mit nem Freund und am Strand und jung und voller Freude für Erlebnisse. Also hielt sich alles die Waage und die Zeit verging schnell. Mit Martin in einem Zustand des Wachseins gleich, begann unser Tag dann auch ganz langsam und wir nutzten die Regenpause für das einzig logische. Ein Bad im Meer. Die Wellen hatten auch ein paar Surfer angelockt und so hatten wir unseren Spaß ihren Größen geschuldet, und versuchten durch tauchen und springen immer tiefer in die nasse Materie vorzudringen. Mit der Ambition des Body-Surfens kraulten wir dann zurück Richtung Strand, um mit den anrollenden Wellen zu beschleunigen und mit angespanntem, ganz graden Köper ein Surfboard zu imitieren. Hätte das geklappt würdet ihr hier noch ein paar Sätze finden, die über den Effekt schwärmen würden, da es aber eher ein Ertrinken war, beende ich den Exkurs an der Stelle. Zurück im ‘Trockenen’ hatten wir super sandige Füße und große große Lust weiter zu wandern. Mit dem Wissen, dass wir circa ein Drittel des Weges hinter uns hatten, waren unsere hormongesteuerten Stimmungen natürlich auf Anschlag und hätten nicht mehr der Ekstase gleichen können.  Und so waren wir wieder auf dem Weg. Grade mal am Ende der ersten Straße erreichten wir einen Straßenstand der uns Obst andrehte und so waren wir in Kürze  zwei Euros ärmer aber drei Avocados reicher. Der Term ist witzlos, denn hätten wir gewusst wie ungenießbar unreif die Dinger waren, hätte keiner den Mut hier von einem Gewinn auf unserer Seite zu reden. Naja. Die Autobahn führte nach rechts, und wir hatten nichts besseres zu tun also rannten wir ihr wie getriebene, von der Wahrheit getriebene, hinterher. Für 50 Meter. Dann fing der Regen wieder an... dieser stellte uns das erste mal ehrlich auf die Probe und so zauberte ich einen bis dahin ungenutzten Gurt hervor und einen super coolen Plastik Poncho, aus echtem Plastik, und war im Nu in eine gigantische Einkaufstüte eingehüllt. Kein Regentropfen hätte sich auch nur in die Nähe überhalb meiner Knie gewagt. Leider waren dafür Hosenbeine und Schuhe völlig durchnässt und selbst Martin, der mit Regenjacke und tatsächlichem Müllbeutel den er zweimal eingeschnitten hatte um ihm über den Rucksack zu zwängen, war kein bisschen besser dran als ich. Wir liefen keinen Kilometer bevor uns klar wurde, dass das nichts werden würde, und so saßen wir kurzerhand auf einem netten kleinen Privatgrundstück und versuchten zu klingeln. Niemand war zu haben und so setzten wir uns auf die geschützte Veranda und lauschten dem Starkregen. Und den Geräuschen unserer Münder als jene Mandeln und Großteile unserer Erdnüsse knackten. Tatsächlich kam die Nachbarin des Gebäudes vorbei und schien trotz ihres Mitleides begeistert von uns zu sein. Und so beschenkte sie uns mit zuckersüßem Kinderkaffee, wofür wir nicht dankbarer hätten sein können. Früher oder später mussten wir aber doch gehen, und in dieser Erzählung soll es so klingen als hätten wir das freiwillig getan, anstatt wegen den Blicken der inzwischen angekommenen Besitzerin des Hauses. Unser Glück war es, dass es für einen kleinen Zeitraum tatsächlich beinahe stoppte zu regnen und so konnten wir drei Kilometer schaffen bevor wir wieder durchtränkt wurden. Zu unserem wie immer unschlagbaren Glück geschah das genau neben einem Garagentor. Und dann passierte was uns manchmal mit den richtigen Leuten passiert. Manchmal weiß man einfach wen man ansprechen muss um eine geniale Unterhaltung zu haben, man weiß wer diese eine perfekte Person für den Moment ist und findet die Überwindung für die eigenen Worte und eine soziale Interaktion, die ansonsten nicht stattgefunden hätte. In unserem Fall waren wir aber in einer völlig menschenlosen Gegend und so kam es, dass wir statt die richtige Person anzusprechen, einfach mit Glück das richtige Garagentor öffneten und uns direkt in einem riesigen verlassenen Gebäude wieder fanden. Lauf quietschend schloss sich die Tür hinter uns und ein paar Schwalben verließen das Haus durch die fensterlosen Wände des zweiten Stockes. Büsche füllten den kleinen überdachten Vorgarten und zogen sich wie feine Adern überall a den Wänden entlang. Die Tür war ausgehebelt und bot Einblick in nicht zu steigernde Dunkelheit. Das einzige Licht, dass die ganze Gegend in warmes goldenes Schimmern tauchte, waren die zwei strahlenden Gesichter unserer beiden Crackheads, die sich sicher waren eine Art Paradies entdeckt zu haben. Wir stellten unsere Rucksäcke auf zwei morsch gerosteten Hockern aus Holz und Metall ab und tauchten dann in die Welt des Hauses ein. Man könnte sagen, dass es nicht gruselig war, aber vielleicht würden wir es auch nur behaupten, weil wir zwei Tage zuvor von einem Wildschwein in die Gegend voller Baracken geführt worden sind, in denen alte einsame Damen wohnten, und durch welche Straßen völlig Irre streiften und Menschen anbrüllten. Insofern war dieses Haus total ok. Überall standen Schnappsflaschen, in jedem Raum an die fünfzig Stück. Viel Gin, noch mehr Billigvodka und am meisten Jameson und Jack Daniels. Außerdem hatte jemand versucht zu renovieren, vermutlich aber mit dem entsprechenden Promille, und so fehlten große Teile der Decke und die Gipskartonplatten hingen in Fetzen hinunter. Genauso war alles war früher einmal Möbelstück war, nun ein aus Holzsplittern bestehender Haufen. Toiletten hatten riesige Keramikbrocken in sich und es lag sogar Kinderspielzeug herum. Puppen mit toten Augen, wobei lebende Augen noch viel schlimmer gewesen wären; alte verstaubte Kassetten und ein Schrank der seinen Inhalt gänzlich verloren hatte und über den Boden verstreut hatte. Das waren alles alte Dokumente und Papiere. Als kleine Erinnerung packte ich mir ein Schwarz-Weiß-Bild das am Boden lag ein. Darauf war eine hübsche blonde Frau mit gewelltem längeren Haar und kleiner Stubsnase und leicht schiefen Zähnen. Hübsch. Im zweiten Stock waren jede Menge Schwalbennester und da wir genug zu essen bei uns hatten, interessierten wir uns nicht weiter dafür. Zurück bei unseren Rucksäcken und ausgerüstet mit einem Stuhl aus dem inneren des Hauses, machten wir es uns gemütlich im Schutz der Überdachung und begannen entweder zu schreiben oder zu lesen. Ich schaffte einiges an Einträgen, aber mein Akku versagte nach einer Weile und die Powerbank sollte lieber noch nicht geleert werden. Martin quälte sich durch ein gutes und kurzes Buch, der Name ist und war ‘Das Perfüm’ und es handelt nach seiner Beschreibung von einem kleinen Jungen, der vor zweihundert Jahren in Paris geboren wurde, ich meine es war einem Fischladen, und das besondere an ihm war, dass er keinen Körpergeruch an sich hatte. In einer Zeit in der alles nach Tod und Verwesung stank, hatte dieser Junge überhaupt keinen Geruch. Allerdings konnte er unfassbar gut riechen und so beschrieb Martin es so, als würde der Junge an einer Wand riechen können und dann sagen können aus was sie bestehe und welche Personen sie schon berührt hätten und wie lange das her sei. Der Verlauf der Geschichte besteht darauf, dass er eines Tages einen Geruch wahrnimmt, schöner und kräftiger als alles sandete zuvor. Er ist entzückt und verzaubert und besessen. Er muss ihn finden und er muss ihn besitzen. Es stellt sich raus, dass der Geruch von einem kleinen rothaarigen Mädchen kommt und in der Hilflosigkeit und Impulsivität des Jungen, erwürgt er sie auf die Schnelle, weil... ne, den Part hab ich nicht verstanden. Danach arbeitet er sein Leben lang in einer Perfümfabrik und versucht jenen Geruch zu rekreieren. Das Ende hat Martin noch nicht gelesen, aber mich hat er mit der Beschreibung auf jeden Fall gecatcht...

Wir warten Stunden für Stunde und essen ab und zu etwas. Der Seetang macht mir große Schmerzen und Martin untersucht mein Zahnfleisch um eine nicht grade kleine Entzündung mit Eiterblase hinten links zu entdecken. Das ist natürlich doof. Und hätte ich ein bisschen mehr Ahnung gehabt, hätte ich sofort einen Doktor aufgesucht, aber ich hatte das noch nie und deswegen erstellte ich die Diagnose, dass alles ok sein würde, wenn ich ne Weile weniger essen würde und das Ding aufsteche. Boah, also Kinder. Damit wir auch was lernen... so was macht man nicht und wenn man schon nicht Mama schreibt, um das abzuklären, dann fragt man zumindest die allmächtige KI ob sie einem nicht weiter helfen könnte. Auf die Idee würde ich erst in circa einer Woche kommen, aber ich nehme mal vorweg, dass alles gut gelaufen ist und ich mal wieder viel zu viel Glück gehabt habe. Aber eine gute Lehre für die Zukunft und hoffentlich auch für euch. Schmerz untersucht man sorgfältig und nimmt ihn nicht auf die leichte Schulter. Inzwischen war es spät und wir wollten weiter. Davor verbrachte ich noch 18 Minuten in der Warteschlange meiner Fluggesellschaft, weil ich bemerkte einen taktischen Fehler in der Planung begangen zu haben, aber ich erreichte niemand und gab auf. Wir machten uns also mal wieder auf den Weg und trafen auf der Höhe von Oliva endlich auf die Ausfahrt, welche uns von der langen Strecke der Autobahn erlösen sollte. Wir zelebrierten das Ganze mit Tänzen und vielem Winken a die vorbeifahrenden Autos und gingen dann Richtung Oliva. Ein paar Orangenplantagen später trafen wir auf Margareta! Margareta war cooler und schöner und schlauer als wir alle, weil Margareta ist ein Esel. Und Esel sind suuuupa! Sie lebte hinter einem doofen Zaun zwischen doofen Orangenbäumen und neben netten Katzen mit kantigen Gesichtern. Sie war super zutraulich und wünschte uns viel Glück auf unserer Reise. Außerdem schenkte sie mir die Inspiration mit einem Esel durch Europa zu laufen. So ein Tier kann das Gepäck ohne Schwierigkeiten tragen, kann an jeder Wiese Weiden und von jedem Bach trinken. Und hab ich schon gesagt, dass Esel total cool sind? Also ging ich gesegnet mit der Erinnerung an Margareta und mit dem Traum bis nach China zu laufen mit einem Esel an der Seite weiter und Martin folge mir. Er folgt mir immer und ich frag mich manchmal ob er nichts besseres zu tun hat. Vielleicht sollte ich ihn mal drauf ansprechen. Wir kommen in die nächste Stadt und lästern über Tesla bis wir in einen riesigen Supermarkt eintauchen. Die Schränke gehen bis zur viel zu hohen Decke und die Auswahl an Olivenbüchsen oder Tuna hätte nicht größer sein können. Genau dasselbe gilt für die Wassersorten und so kauften Martin und ich aus unserer Verwirrung heraus viel von dem was wir nicht brauchen würden, aber waren froh statt mit leeren Rucksäcken jetzt wieder mit prall gefüllten umher zu wandern. Ich war sehr gespannt auf die Oliven. Der Abend sollte jetzt erst richtig anfangen, aber das wussten wir noch nicht. Wir ahnten es auch nicht, als wir zu zweit in eine Bar gingen, und dabei beginnt jede gute Geschichte mit: zwei wie Obdachlose aussehende Backpacker aus Deutschland gehen in eine Bar in der Nähe von Oliva... wir hätten es ahnen sollen. Und die Barkeeperin hätte ich rausschmeissen sollen, als sie diesen Fußgestank als erstes wahrnahm, anstatt uns für ein paar Stunden zu verkraften. 

Wir saßen also in einer ländlichen Bar und ich war barfuß. Die Socken lagen draußen zum Lüften, die Schuhe standen unter dem Tisch. Für meine Taten werde ich wieder geboren als Regenwurm. Wir befühlten unsere Blasen mit billigem Kaffee und machten Pläne wie wir die ganze Nacht durchlaufen würden. Nix da! Ich versuchte die Powerbank aufzuladen und danach wollte ich meine Mama anrufen, um eine große Entscheidung besser treffen zu können. Ich erkläre kurz meine Lebenssituation. 

Als wir an einem russisch orthodoxen Kloster angekommen waren, las ich die Nachricht meines Chefs, dass er gekündigt hätte. Mit einem Mal löste sich meine ganze Welt vor meinen Augen auf und alles schien in dem Moment möglich. Ich hätte mich sofort in die Welt und das super spontane Reisen stürzen wollen, realisierte aber mit der Zeit, dass wir die Grundlage fehlt, um eine finanziell sichere Lage erreichen zu können. Ich dachte zu der Zeit, dass meine Arbeit zuhause nicht mehr existieren würde. Ausserdem steht ab September ein zweites freiwilliges soziales Jahr an, diesmal nicht auf Vancouver Island in Kanada, sondern in Tansania in der Nähe der Insel Zanzibar. Auf einmal war ich mir nicht mehr sicher ob ich das wollte. Wieder fern von zuhause, aber immer noch gefangen an einem Ort. Ich dachte ich müsste sofort hinaus in die Welt und von einem zum nächsten Ort springen und zum Glück kam mit der Zeit die Vernunft zurück und ich realisierte, dass die Zeit in Tansania genau jene sein kann, die ich brauche um mir durch das Schreiben in Blog-Form ein kleines Einkommen aufbauen zu können, um ein wenig besser zu planen und noch ein Jahr mehr freiwillige Arbeit erleben könnte. An diesem Abend in der Bar wollte ich meiner Mama nur sagen, dass trotz der gekommenen Zweifel meine Entscheidung fest stünde und ich unbedingt nach Tansania gehen wollte. Also zurück zu diesem Abend. 

Martin und ich zogen die Blicke vieler Einheimischer auf uns und zum dritten Mal fanden wir uns in der komischen Situation einer Geldspende. Eine Dame mit kleiner Tochter kam zu uns und drückte und zwei Scheine in die Hand mit freundlichsten Worten, die ich nicht verstehen konnte. Errötend und zutiefst gerührt bedanken Martin und ich uns wie immer, sind aber immer noch nicht in der Lage dieses Verhalten von Menschen zu fassen. Der nächste Besucher an unserem Tisch hatte kein Geld bei sich, dafür aber einen mächtigen Alkoholpegel und reichlich wenig Englisch. Aber von aufgeben war keine Spur. Dieser Mann erzählte uns Geschichten, die noch in keinem Buch zu finden waren und wild artikulierend erzählte er uns von einer Feier im Nebenort Piles. Piles? Das klang lustig und wir waren interessiert, bis zu dem Moment an dem er uns sehr überzeugt anbot, uns schnell rüber in die Stadt zu fahren. Ich konnte nicht aufhören zu lachen und seine verzweifelten Versuche sich verständlich zu machen, konnten dem Ganzen nicht helfen. Mit der vereinten Kraft aller Anwesenden und der Barkeeperin überredeten wir den guten Mann das freundliche Angebot stecken zu lassen und bevor dieser rasend werden konnte, eilten Martin und ich schnell in die Richtung, die uns gezeigt wurde, nämlich nach Piles. Es war nach 12 Uhr und die Straßen waren nur mit schwachem Licht beschienen. Lustigere weise sind die Straßenlaternen alle mit Bewegungsmeldern versehen und wurden hell wenn man an ihnen vorbei lief. Wir redeten aufgeregt über was wohl kommen würde und ich begriff noch nicht um was für eine Art von Feier es sich handeln würde. Wir hatten Feuerwerke aus der Ferne gesehen, aber in meinem Kopf war immer noch das Bild einer kleinen coolen Hausparty, also die Norm die ich bis dato erlebt hatte. In piles angekommen, dauerte es keine Minute bis wir die abgesperrte Straße entdeckten und von ihr bis zum Marktplatz geführt wurden. Eine kleine Menge aus Menschen stand schon bereit und auf einer großen Bühne richtete sich grade eine Band ein. Als Erinnerung, es ist nach Mitternacht. Wir setzten uns und beobachteten. In unserer Langeweile brachte ich Martin ein bisschen Salsa, Chachacha und Jive bei und katastrophal ist nicht das passende Wort für was draus wurde. Die Leute waren nett und interessiert und sprachen mit Martin und er konnte seine Spanisch Künste unter Beweis stellen. Wir wanderten kurz darauf weiter der Straße entlang und kamen an einen Pub. Kaum hatte man uns bemerkt wurden wir schon neugierig beäugt und wir fühlten uns wie kleine Marsmännchen. Die Menschen hier hatten anscheinend noch nie Touristen gesehen, oder zumindest noch keine wie uns, und so wurden wir schnell zum Highlight der kleinen Bar die mit lauter Musik und vielen Menschen und noch mehr Alkohol die Motivation der Stadt verkörperte. Wir werden vor a die Theke geschoben und bevor man das Label hätte lesen können, wird schon eine große Schnappsflasche mit grünem Inhalt gehoben und wir werden dazu gebracht die Münder darunter zu halten. Nicht zu knapp werden wir abgefüllt und mit kostenlosen Bierbechern zum Teil des Geschehens gemacht. Martin ergattert sich einen Sitz neben dem DJ und scheint sich wohl zu fühlen, aber zu gegebener Zeit stolpern wir wieder hinaus und laufen angetrunken zurück zum Marktplatz. Dort sind inzwischen viel mehr Menschen und die Musik ist auf Hochtouren. Wir tanzen und feiern mit den Menschen, schwer bepackt versuchen wir die Choreo der Tänzer auf der Bühne zu imitieren und finden uns ein wenig später neben zwei Typen ein die sich als German und Max vorstellen. Martin befreundet sich in wenigen Sätzen und zu unser beider Überraschung wird uns angeboten bei den beiden für die Nacht unter zu kommen. Natürlich wollten wir sie erste besser kennen lernen und von der Gefahr waren wir uns auch mehr oder weniger bewusst, aber die beiden schienen völlig ok und so verbrachten wir noch eine Stunde gemeinsam auf dem Platz, lauschten der ewig lauten Musik in der Innenstadt und erfuhren, dass wir grade in die Woche des Stadtfestes von Piles geraten wären. Eine Zeit in der täglich gefeiert wird, Live-Musik bis morgens um sechs spielt und die Menschen mit unglaublich lauten Böllern am nächsten Tag um acht Uhr geweckt werden. Interessant, würde der normale Deutsche, der zum ersten Mal aus seiner Kleinstadt gekrochen kommt, nun behaupten. 

German und Max führen uns zu dem Haus, welches genau an der Hauptstraße liegt und zeigen uns was sie grade als ihr Projekt betreiben. Gekauft wurde es von der Mutter, da diese aus der Gegend kam und German hatte nun die Aufgabe bekommen es vollständig zu renovieren und holte sich dafür die Hilfe von Max. Die beiden kommen ursprünglich aus Lettland und Belarus, aber Germans Englisch grenzt an Perfektion und so haben wir keine Probleme. Sie zeigen uns zwei wundervolle Betten im dritten Stock zwischen voll geräumten Tischen und jeder Menge Alkohol und Gras, dann besuchen wir die Terrasse und unterhalten und kurz, bevor beide wieder zurück zur Feier gehen und uns zum schlafen zurück lassen. Wie unglaublich sympathisch und was für ein spannendes Ende für einen viel zu spannenden Tag. Es ist drei Uhr morgens und zum Glück sind wir nicht einfach die Nacht durchgelaufen. So gefiel mir das ganze zugegebenermaßen auch besser. 

Alkohol ist übrigens ein Arsch. Der Schlüssel liegt darin, ohne Alkohol feiern zu können und trotzdem die beste Zeit zu haben. Für so was brauch man schließlich keine Substanzen, sondern einen gesunden Kopf, einen gesunden Lifestyle und die Erfahrung wie schön es sein kann, ohne Alkohol die tollste Zeit zu haben, auch wenn alle um einen herum trinken. Beim nächsten Mal schaffen wir beide es auch ohne. Ich fühlte mich auf jeden Fall elend so mit dröhnendem Kopf und keinem klaren Gedanken im Bett zu liegen und auf den Schlaf zu warten. Und trotzdem war der Tag ein wundervoller. 

24.05.2025 Frühstück für unsere Hosts, zweite Lage Schuhsohlen, Ringkampf, eine Nacht ohne Martin von Gandia bis nach Cullera

Noch im eigenen Zuhause hatte ich mich des Öfteren über mein Schlafpensum gewundert. Unter neun Stunden war kaum eine Zeit zu finden, bei der ich mich nicht madig gefühlt hätte. Zwar schlafe ich zuhause auch auf meinem Boden und ohne Kissen, aber trotzdem hat mich die benötigte Länge vom Schlaf immer gewundert. Bis heute. Heute wurde mir klar, dass all dieser Schlaf eine Art Vorbereitung für das Kommende gewesen sein muss und dass mein Körper damals schon krampfhaft anstrebte, das jetzt entstehende Schlafdefizit wieder gut zu machen. Um drei Uhr sind wir schlafen gegangen, um sechs Uhr morgens gingen die ersten Böller und Knaller los und man dachte in mitten eines Kriegsgebietes aufgewacht zu sein. Trompetenmusik aus der Ferne und der donnernde Hall des Schwarzpulvers, der durch die engen Gassen jagte, machten es kurzzeitig unmöglich zu schlafen und halb wach realisierte ich auch wie dringend ich meine Powerbank noch laden wollte und noch viel wichtiger, wie sehr ich auf die Toilette musste. Ohne Martin zu wecken ging ich in das Badezimmer, meine Socken hatte ich alle bei mir und zusammen hatten wir eine angenehme, kalte Dusche und ich versuchte mit Shampoo den Socken einen kleinen Gefallen zu tun. Ein wahrer Akt der Verzweiflung, aber man möchte sich den Geruch nicht ausmalen. Für den Rest des Morgens saß ich auf der Veranda und ließ mich beschiessen von unglaublich warmen Sonnenstrahlen, während ich der neuen Band, die die alte abgelöst haben muss, über die Dächer hinweg belauschte. Ich saß zwischen circa 20 jungen Cannabispflanzen auf einem weißen Plastikstuhl und hatte eine Aussicht auf die Terrassen und Dächer der umliegenden Häuser. Ich verbrachte eine lange Zeit mit Schreiben, allerdings nicht mit dem Bloggen, sondern ein neuer Versuch der Selbstreflektion. Ich schrieb einen Brief an mich selbst aus der Sicht eines Freundes der meine aktuelle Lebenssituation kommentierte. Das ganze half mir besser über den Gesamtverlauf klar zu werden und mich ehrlich für das Kommende zu freuen. Ich mochte die Form des Briefes sehr. Um circa acht Uhr kam ein sehr müder German dazu, welcher verzweifelt versuchte seine Zigaretten ausfindig zu machen, aber ohne Erfolg. Der Mann litt echten Schmerz bis ich die Camels unten auf einem Tisch fand und dann saßen wir zusammen draußen und hatten Zeit uns kennen zu lernen. Ich lernte über seinen Werdegang, über die Geschichte des Hauses, über Meinungen über Politik und Wirtschaft, als auch über Geschichten aus den Ländern in denen er war. Da ich erahnen konnte, wie viel Wissen in diesem ehemaligen Tourguide und Projekt-Manager zu stecken schien, investierte ich eine lange Zeit in das zuhören und so würde es noch bis in den Nachmittag gehen, an dem wir zu viert an die Costa Blanca zum Essen gehen würden. German ist eine unschlagbar interessante Person, aber scheinbar auch noch auf der Suche nach Antworten die er bisher nicht zu finden vermochte. Wir tauschten zwei kleine Geschichten aus, über unsere Väter und den Gebrauch von Cannabis als Medizin. So war es in dem Fall seines Vaters das Problem, dass dieser Probleme mit der Prostata hat und deshalb in einer Nacht bis zu sieben mal aufs Klo zum pinkeln rennen müsste. German erzählt mit seinem Vater hier in Spanien geraucht zu haben und wie verblüfft sein Vater am nächsten Morgen aussah, als er ohne Probleme durchschlafen konnte. Für meinen eigenen Vater gibt es zu erzählen, dass dieser chronisch zerstörte Haut an den Händen, durch die Arbeit mit Chemikalien in jungen Jahren hatte und so ein Leben lang rissige, schmerzende und leicht blutende Fingerkuppen und Handflächen besaß. Er hatte in der Zeit alles ausprobiert, von Medikamenten über Methoden mit Urin und nichts konnte wirklich helfen. Als er dann das erste Mal ein Öl mit hohem CBD Gehalt versuchte, musste er feststellen, das erste Mal nach Jahrzehnten eine gesunde Haut vorzufinden. German und ich müssen beide herzlich darüber lachen, wie furchtbar falsch diese Droge in die Gesellschaft integriert wurde. So wie es jetzt passierte, hat die Bevölkerung lediglich ein weiteres Rauschgift erhalten, um sich abzuschließen, um zu vergessen und zu feiern und um Versuche anzustellen bei denen Gras mit Alkohol gemischt wird und Paranoia und Psychosen noch wesentlich wahrscheinlicher wurden. Schlechter hätte es nicht kommen können, aber es wurde völlig vermasselt, da keine Aufklärung auf großer Ebene betrieben wurde. Es scheint als habe niemand erkannt, dass eine uralte Medizin legalisiert wurde, die durch ihre Inhaltsstoffe Dinge heilen kann, von der die Pharmaindustrie mit ihren Tabletten oft nur träumen könnte. Aber stattdessen ist es nur eine weitere Partydroge und die ältere Generation kann über die ganzen Drogenabhängigen schimpfen, anstatt es für sich selbst zu entdecken und zu merken, dass Rückenschmerzen gar nicht sein müssten, oder das Schlafprobleme mehr oder weniger optional sind, dass ein gesundes Hungergefühl erzeugt werden kann und dass Gebäck und Gerichte mit Gras drin eine neue Welt des Aromas eröffnen. Stattdessen hat Deutschland den perfekten westlichen Move gemacht und uns richtig tief ins Klo fassen lassen. Vielen Dank!

Martin erwachte auch zu gegebener Stunde und zusammen halten wir eine kleine Sitzung im Rahmen des Frühstücks ab. German inspiriert mich noch tief in Ansätzen über das Geld verdienen mit geschriebenen Worten und ich erfahre ein wenig über die Welt des Copy Writings. Germans größter Wunsch ist es eines Tages nach Jerusalem zu pilgern, aber zuvor möchte er eine Familie gründen. Wir bitten German und Max uns für sie kochen zu lassen und in Kürze zaubern Martin und ich eine Pfanne voll Rührei mit Knoblauch, Brotkrümel, Jalapeños, Reis, Milch, eine Scheibe Wurst, Salz und Cayenne-Pfeffer. Vielleicht war auch eine Avocado dabei. Bananen hatten sie leider keine. Meine Philosophie des Kochens wird vielleicht noch an anderer Stelle geteilt, aber so furchtbar wie die Zutaten immer klingen, beschwert über den Geschmack haben sich bisher nur sehr wenige. Meistens nur meine Schwestern. In diesem Fall hat es alles sehr gut geschmeckt. Wir verfallen während dem Essen ins schwärmen für Norwegen und tauschen ein paar schöne Geschichten aus, bevor Martin und ich packen und begleitet von den beiden in Richtung Strand gehen. German erzählt von seiner Zeit aus Schweden, beschwert sich über die Flüchtlingspolitik und erzählt Dinge über einen Austausch des Gen-Pools. Später lernen wir, dass Schweden ab 2030 das erste Land der Welt sein soll, dass völlig ohne Bargeld agiert. Er erklärt uns ein wenig über das Banksystem und wie selbst Bettler so umsteigen, dass sie ein Handy vorhalten können und Leute um eine Überweisung anbetteln. Von Max lernen wir auch ein paar Dinge und er ist auch ein super süßer Typ, allerdings immer noch betrunken, beziehungsweise wird er langsam wieder betrunken, und sein Englisch lässt nur begrenzten Austausch zu. Dafür dolmetscht German den Rest. Als Tourguide hat er übrigens viel interessante Fakten über die Welt zu erzählen und er konnte schon vieles bereisen um durch das Unternehmen seiner Mutter dort Vorträge zu halten. Wir werden auf ein köstliches Eis eingeladen, die Verkäuferin empfiehlt mir ihre Lieblingsworte ‘Weisse Schokolade mit Pistaziensplittern’ und barfuß durch den Sand laufend genießen wir die Geschmacksexplosion. Später finden wir einen Ort zum Mittagessen, ein Kebabladen und ich kaufe mir und Martin einen vegetarischen, den ich später bei leerem Magen essen werde. Als wir vorhin noch im Haus waren, hatte mir Max vor Schreck, als er meine Füße gesehen hat und die Barfußschuhe dazu, ein Paar von seinen Schuhen geschenkt in denen ich grade laufe. Ich war zu dankbar um zu bemerken, dass sie zwei Nummern zu klein waren. Als wir nun Max und German auf Wiedersehen sagten, lief ich noch eine Weile so weiter, aber wurde dann von dem brillianten Gedanken getroffen, dass ich doch einfach die Sohlen aus den neuen Schuhen nehmen könnte und als extra Komfort in meine Barfußschuhe legen könnte. Gedacht, getan und so hatte ich nun final die Sorte von Schuh, die mich durch ganz Spanien bringen würde. Entzückt von der Lösung binde ich die Schuhe an meinen Rucksack und laufe weiter mit Martin, bevor ich das Schuhpaar später bei einem Supermarkt Eingang abstellen werde, damit jemand anderes etwas davon haben kann. 

Martin und ich laufen und laufen und die weiße Küste möchte nicht weniger weiß werden. Am Nachmittag stoßen wir auf einen Spielplatz und ich verzehre meinen Kebab während Martin an einer Klinmzugstange hängt und Kunststücke vollführt. Als der Alt des Essens vollendet ist, schließt uns ein wahnsinnig witziger Gedanke durch den Kopf und wir haben eine neue kleine Mission. Eine Grünfläche hier auf dem Spielplatz, schien uns einzuladen auf ihr zu ringen... Jup, wir haben vor uns gegenseitig anzugreifen, um zu sehen wer schneller am Boden liegt. Wir beide haben kaum Ahnung was das angeht, keiner von uns war jemals in einer Prügelei und ich habe kleine Schwestern, also auch kein guter Umstand zum Training. Martin hat einen Zwillingsbruder. Vielleicht der Grund warum ich ihn chancenlos unterlegen war, genauso wie im Daumen-Catchen, hatte ich auch hier keinen Lichtblick. Vier Runden später haben wir grüne und braune Hosen, Schrammen und kleine rote Flecken auf der Stirn, aber ich schaff es nicht mein Grinsen aus dem Gesicht zu wischen. Wir gratulieren uns und gehen weiter. Auf unserer Reise hatte ich konstant Lieder, due mir durch den Kopf tanzten und nur sehr selten hatte ich den Aufwand betrieben, mich zurück zu halten und nicht zu singen. Und so füllte sich dieses Mal meine Stimme die Abendluft als ich ‘Boom boom Boom’ von KIZ vor mir hin sang. Auf meiner Arbeitsstelle habe ich oft Kunden, die riesige Schlager-Fans sind und oft erlaube ich mir den Spaß zu sagen, dass ich Schlager liebe und da eine ganz besondere Band habe, die ihnen bestimmt auch gefallen wird. Jene Kunden gehen dann immer mit der Empfehlung aus dem Laden, doch mal in die Alben von KIZ rein zu horchen. Ich weiß zwar nicht wie sich die Band selbst definieren würde, aber was ich bisher gehört habe war absolut Gewalt verherrlichend, frauenfeindlich und böse. Wenige schaffen es in so gekonnten Sätzen und Lyriken so abstrakte Vorstellungen hervorzurufen. Die links radikale Partei hat aber genauso auch ein paar beinahe schon geniale Gesellschaftskritiken parat und so ist die Zeile aus dem gesungenen Lied ‘Ihr Patrioten seid nur weniger konsequent als diese Hakenkreuz-Idioten. Die gehen halt noch selber ein paar Ausländer töten, anstatt jemand zu bezahlen, um sie vom Schlauchboot zu treten.’ vermutlich mein persönlicher Favorit aus dem Lied. Gebt euch die Musik gerne mal, aber eben auf eigene Gefahr. ‘Familienfeier’ ist ganz nett und ‘Görlitzer Park’ gibt einem einen echten und ungefilterten Einblick in das dreckigste Leben Berlins. Martin fühlt den Song nicht so sehr wie ich und scheint generell ein wenig ruhiger geworden zu sein seit dem Ringen. Er denkt anscheinend über etwas nach, wie so oft. An einem Supermarkt geht er aufs Klo und ich stelle die Schuhe ab, dann kaufe ich noch für mich ein und komme mit einer Gurke als Highlight wieder aus dem Laden. Eine spontane Idee schlägt in meinem Schädel ein und wieder vereint mit Martin erzähle ich ihm davon. Ich habe vor einen Ort auf der Karte zu bestimmen und dann dort für morgen Mittag zu verabreden. Dann wollen wir uns aufteilen und getrennt einen Abend verbringen und schauen, welche Abenteuer wir so erleben können. Die ganze Idee wird sich als furchtbar herausstellen, aber das wussten wir zu diesem Moment ja noch nicht. Wie gehen also los und nach dem ich ein paar Jungs anspreche, was man denn hier in Gandia so machen könnte, habe ich Martin schon aus den Augen verloren. Ich packe ein geheimes Talent meiner Selbst aus und laufe mit der Gurke auf meinem Finger balanciert für mehrere 100 Meter durch die Straßen. Nach circa 14 Jahren Tischtennis Erfahrung scheint es wenig noch einfacheres für mich zu geben und nicht nur ich habe riesen Spaß sondern auch sämtliche Beobachter, die sonst noch auf der Straße unterwegs sind. An der Promenade angekommen, realisiere ich wie groß und touristisch Gandia an einem Samstag ist und setze mich neben einen jungen Straßenkünstler, der grade Elvis Presley und anschließend einen Beatles Song spielt und esse dabei meine Gurke, möglichst leise natürlich. Die Straßen sind gefüllt von Menschen und am breiten Strand spielen viele Leute im Sand, manche spielen Volleyball, die meisten springen im Wasser umher. Andere Straßenkünstler erschaffen riesige schillernde Blasen und die Kinder lieben es und springen den Erscheinungen wie im Traum hinterher. Ich gehe ein wenig durch die Stadt und meditiere in einem Park bevor ich zwei Birnen esse. Dann vollende ich den Weg am Strand entlang bis ich zum Stadtende komme. Ich versichere mich auf der Karte nach dem Weg und muss erschreckt feststellen, dass die verbleibende Distanz 21 Kilometer sind. Es ist zehn Uhr abends und ich bemerke, wie groß das vor mir liegende Problem zu sein scheint. Um 12 Uhr mittags morgen soll ich im Café Velvet in Cullera sein. Für 21 Kilometer denke ich mindestens vier Stunden zu brauchen, allerdings muss ich später feststellen, dass das furchtbar falsch gerechnet war. Mir bleibt insgesamt einfach nicht genug Zeit um eine entspannte Tour daraus zu machen. Ich hatte beinahe gehofft die Strecke mit einem Mal zu laufen um dann in Cullera entspannen und schreiben zu können, aber daraus wird wohl nichts. Trotzdem habe ich weiterhin vor die Strecke mit einem Mal hinter mich zu bringen, auch wenn mir noch nicht klar ist, dass ich dafür an die neun Stunden brauchen werde und erst um fünf Uhr morgens an einem weißen Strand neben drei Palmen zusammen brechen werde, ein ein paar Stunden Schlaf zu bekommen. Also laufe ich los. Eine lange breite Landstraße entlang die gesäumt wird von dieser Art Bambus-Dschungel von welchem ich schon berichtet hatte. Es dauert nicht lange und schon raschelt es laut im Gebüsch direkt auf meiner Höhe. Im schwachen Mondlicht und sonst absoluter Dunkelheit meine ich Augenkontakt mit etwas zu haben, als es durch die vorderste Reihe aus Schilf hindurch bricht, aber mal wieder scheint es nichts bösartiges zu sein, da es sich umdreht und wegrennt. Mit Hummeln im Arsch beschleunige ich meinen Schritt für ein paar hundert Meter und muss mit Begeisterung feststellen einen wundervollen Sternenhimmel für die Nacht gewählt zu haben. Schneller macht mich das auf die Dauer nicht. Als die erste große Landstraße in einem Kreisel endet, geht es danach nur noch auf kleinen unbeleuchteten Straßen weiter, die zwischen den Plantagen der vielen Orangenbäume führen und jede Menge mehr Schilf-Dschungel präsentieren. Ein Warnschild macht mich aufmerksam auf freilaufende Kühe. Auf die hab ich ja gar keine Lust... zum Glück treffe ich keine, aber die Schuldgefühle plagen mich um meinen lieben Martin. Zu wissen, dass er alleine und im dunkeln den selben Weg zurück legen wird, macht mir Angst und ich hoffe stark darauf, dass er stattdessen einfach einen Bus nimmt. Natürlich wird er das nicht, aber die Hoffnung war da! Egal. Um zwei Uhr nachts komme ich an einen Kreisverkehr und bin dem aufgeben unendlich nahe. Ich suche eine kleine versteckte Ecke auf dem Kreisverkehr und breite meine Matte aus. Ich stelle einen Wecker auf zehn Minuten und verlängere meine Pause dann nochmal um 30. Ich weiß nicht woher ich die Kraft genommen hatte, aber tatsächlich stand ich nach dieser Pause wieder auf. Ich konnte zwar kaum aufrecht laufen, dafür sorgten die Blasen an meinen Füßen, aber Schritt für Schritt machte ich mich wieder auf den Weg, der noch nicht ganz bis zur Hälfte geschafft war. Das Nervigste waren die Autos die bis spät in die Nacht aus der Richtung von Gandia an mir vorbeischossen. Da die Straße so eng war und ich so unscheinbar, musste ich jedes Mal stehen bleiben und meine Taschenlampe Richtung Auto deuten, damit jene mich erkennen würden. In jeder anderen Situation hätte ich über die Frage gelacht, was wohl diese Autofahrer von einem obdachloses mitten in der Nacht auf der einsamsten Landstraße halten würden. Ich muss sagen, dass ich beinahe überwacht war, dass wirklich keine einzige Person angehalten hatte und sich erkundigte ob man helfen könnte, aber auf der anderen Seite kann ich es vermutlich auch nachvollziehen. Mein Outfit und die Größe meiner Erscheinung durch den Rucksack wären gruselig genug, aber der wippende, schlurfende Gang kam noch hinzu und ich selbst hätte auch nicht für mich angehalten. Und sowieso fing das laufen auch wirklich an Spaß zu machen. Ab und zu stöhnte ich mein Klagelied, dann wiederholte ich mein Durchhalten-Mantra und wenn dafür keine Puste mehr da war, starrte ich starr und leer auf den immer weiter für mich hin schlitternden Boden. Ich fand mich an einem besonders schlimmen Moment in einer Art der Meditation wieder, die mir ermöglichte mit geschlossenen Augen zu laufen, die Lieder nur minimal wie durch einen Autopiloten so weit geöffnet, dass man den weißen Randstreifen noch erkennen konnte. So konnte ich sehr Energie sparend einige Distanz zurück legen, musste aber aus Angst tatsächlich beim laufen einzuschlafen, bald damit aufhören. 5 Kilometer entfernt von dem Ortseingang, kam ich zu dem Kreisverkehr mit den großen goldenen Lettern ‘Cullera’ und auch hier entschied ich mich ein letztes Mal nieder zu liegen und mir eine Dreiviertelstunde Pause zu gönnen. Ich glaube ich hatte das so oder so getan, auch wenn ich gewusst hätte, wie unfassbar schwierig, schmerzvoll und anstrengend es sein würde, nach dieser Pause noch einmal los zu laufen und weitere fünf Kilometer hinter mich zu bringen. Aber der Schlaf war angenehm. Der Schlaf war toll, die silberne mir immer treue ISO-Matte war weniger angenehm. Aber wenn ich jetzt auch noch anfange mich über die Pausen zu beschweren, dann kann ich mich echt in die Tonne treten. Ich lief also weiter die Straße entlang und sah nun deutlich die Berge Culleras vor mir und die Lichter, die sich geschwungen a den Berghängen hinauf zogen. Freude spürte ich keine, nur zerreißende Erschöpfung und Ärger über die bellenden Hunde die hinter jedem Tor auf einen lauerten. ‘Jeder hat nen Hund, aber keinen zum reden.’ Naja, zumindest atme ich durch die Nase und bin vermutlich gesund. Und da war sie; eine riesige Brücke die über den Fluss hinein in die Stadt führte. Die ersten Menschen die ich antraf, war eine Gruppe aus fünf Polizisten, die an einem Kreisverkehr standen und mich freundlich anschauten. Schnellen Schrittes eilte ich und Richtung Strand und ab diesem Punkt war ich einfach nur noch hirntot. Ich konnte an nichts mehr denken außer liegen und Schlaf, liegen und Schlaf. Und so kam ich an den dunklen Strand, sah die drei wunderschönen Palmen, lief 20 Meter über den furchtbar feinen Strand, legte meine Dinge in die Kuhle, die sich neben der Palme im Sand geformt hatte, hing meine Sachen wie Pullover und Poncho an der knochigen Palmenrinde auf und breitete die ISO-Matte auf ein neues aus. Ich packte meine Cantaloupe aus und schnitt eine Scheibe ab und war beinahe im selben Moment eingeschlafen, als ich jene aufgegessen hatte. Lustige Nummer, das Ganze... Halleluja!

25.05.2025 Ein Lächeln für den Schmerz, Kusshand, Tiefpunkt überstanden und Vorfreude startet, eine Nacht mit springenden Fischen

Als ich jenen Morgen kochend meine Augen aufmachte, die Decke um mich geschlungen um keinen Sonnenbrand zu bekommen, dadurch aber gleichzeitig zu ewigem Schweiß verbannt, spürte ich mich so kaputt als hätte ich ein langes Leben hinter mir. Alles war zu hell, die Leute die in Mengen an mir vorbei strömten um zum Strand zu kommen, kamen mir gar nicht echt vor, und der Gedanke an weiteres Laufen brachte mich an den absoluten Tiefpunkt. Schritt für Schritt quälte ich mich barfuß durch den Sand zum Wasserspender um meine Füße zu waschen und drückte damit den Sand tiefer in meine geöffneten Blasen am Fußballen. Mit Martins Messer versuchte ich das meiste zu entfernen, mit meinem kleinen feinen erste Hilfe Täschchen reinige ich die Wunde und arbeite mit Kompressen um das ganze angenehmer zu gestalten. Als alles zusammen gepackt ist, schleife ich mich die letzte Distanz zum Café Velvet, wo Martin hoffentlich sitzt und warten wird. Ich kaufe eine Paprika und meine geliebten eingelegten Kichererbsen auf dem Weg und esse sie auf einem türkisen Stuhl sitzend und mit Blick auf die gefüllte Straße. Meine Hoffnung auf eine geöffnete Apotheke, die auf dem Weg liegen würde,  musste ich aufgeben um keinen Umweg zu machen und so schaffte ich es nach beinahe einer Stunde laufen für ein bisschen mehr als einen Kilometer in das besagte Café einzutreten.

Das letzte über was Martin und ich sprachen war das Ringen zwischen uns. Seine lange Denkpause schien in der Sekunde des Aufteilens zum Ende gekommen zu sein und ich hatte die Frechheit besessen ihn zu unterbrechen. Das war das letzte was ich von ihm gehört und gesehen hatte und ich hatte mir wirklich vorgenommen ihn anzustrahlen, mich zu entschuldigen und zu erklären, was das alles für eine doofe Idee gewesen wäre und direkt in die zuvor angehaltene Konversation einzusteigen. Ich selbst hätte nicht geschockter sein können, über wie sehr mir die Kraft fehlte auch nur im Ansatz zu lächeln. Einmal mehr brach ich beinahe zusammen, als ich neben Martin, der dort ruhig in seinem Notizbuch schreibend saß und lächelte, Platz nahm und ihn nur aus verzweifelten Augen anschaute. Er war sichtlich erschreckt und nach einer Weile kamen auch wieder Worte aus meinem Hals als wir uns austauschen über das Erlebte. Martin beweist wieder einmal der schlauere Mensch zu sein und berichtet die ersten 15 Kilometer am ersten Tag gelaufen zu sein und dann gruseliger Weise in den nicht endenden Feldern aus Schilf gecampt zu haben um am nächsten Morgen den Rest zu laufen. Er scheint ok zu sein und ich bin sehr froh für ihn und noch froher darüber wieder bei ihm zu sein. Vor dem Café ist die Straße überfüllt und mit Musik geschmückt. Ein Mittelalterfest ist in vollem Gange und eine Menge an Geschäften die Fleisch, Gebäckstücke, Süßigkeiten und Souvenirs macht sich zwischen den Restaurants breit. Martin findet ein aufgestelltes Schachbrett und läd mich auf eine Partie ein. Dazu muss gesagt werden, dass mein kurzhaariger Freund mit seinem netten Gesicht ein anstrebender Schachlehrer ist und sich auf Turniere im August vorbereitet. Ich selbst hab schon mal Schach gespielt. In der Grundschule. Und mein Papa wurde zu nem Schachfan nach der Serie ‘The Queens Gambit’ und zu der Zeit hatte ich auch nochmal ein paar Runden gespielt. Die Partie artete hochspannend in unglaubliche fünf Minuten aus bevor ich fataler Weise den König mit einem Bauer verwechselte und in ein gemeines Schachmatt stolperte. Aber Martin musste schwitzen um mich dahin zu bringen. Eigentlich hätte er keine Chance gehabt, aber meine Füße taten so weh. Und ich wollte die Nacht wieder wett machen... danach schaute ich Martin ernst an und wir tauschten ein paar ernste Worte da ich mir in Anbetracht des Leidens, welches in meinem Körper und meiner Wahrnehmung dessen gefangen schien, nicht in der Lage fühlte überhaupt noch einen Schritt zu tätigen. Ich konnte mir nicht ausmalen auch nur noch einen Kilometer zu laufen und wollte nur noch liegen und vielleicht weinen. Ich erinnere mich nicht mehr wie, aber irgendwie muss Martin es geschafft haben, mich dazu zu bringen, trotzdem erstmal los zu laufen. Das Ziel war der 27 Kilometer entfernte See. Natürlich ein absoluter Witz diese Distanz in Anbetracht der Situation. Ich denke, dass wir beide nicht im Traum daran dachten. Aber trotzdem waren wir auf dem Weg und kaum auf der Autobahn angekommen gesellten sich riesige flache Felder, die allesamt unter 20 Zentimeter Wasser lagen und die sich bis zum Horizont zu strecken schienen. In meinem Kopf drehte sich alles nur um den Schmerz und die Füße, aber auch über die Verwunderung, dass ich noch laufen konnte. Und dann kam der alles entscheidende Punkt der Wendung. Ein kleines Experiment, das den ganzen Tag retten sollte. Ich lächelte... und als ich damit anfing, hatte ich auch nicht mehr das Bedürfnis damit aufzuhören, denn es war beinahe berauschend zu merken, dass trotz aller Umstände ein Lächeln aus mir heraus kommen konnte. Ich wollte beinahe laut loslachen und ich tat genau das, weil es mir unmöglich schien die gesamte Reise so wenig gelacht und genossen zu haben, und erst jetzt in Anbetracht des absoluten Tiefpunktes alles aus mir herauszuschießen schien. Ich konnte es nicht fassen. Ich richtete mich auf und veränderte die Art wie ich auftrat. Der Schmerz blieb, aber ich konnte einfach darüber hinweg grinsen und schwebte in Gedanken ein paar Zentimeter über dem Boden. Vorbeifahrende Autofahrer hatten ihrerseits eine große Freude und viel mehr als gewöhnlich winkten und hupten uns zu, was mich noch mehr zu beflügeln schien. Und so kam es, dass Martin und ich Kilometer nach Kilometer liefen und liefen und einfach nicht aufhörten. Einmal machten wir eine halbstündige Mittagspause im Schatten eines großen Feigenbaumes, wofür wir einen kleinen Bach überqueren mussten, um dann an dessen Verlauf und im Schatten Platz nehmen zu können. Der Wrap gefüllt mit eingeweichten Haferflocken, Oliven, Erdnussbutter und Kichererbsen, schmeckte heute besonders gut und das Knoblauchbrot von Martin zusammen mit dem Pesto war die Kirsche auf unserer Torte. 

An jeder Pause die wir machten, rollte ich sofort die Isomatte aus um mich darauf auszubreiten und zu schlafen. Das klappte manchmal und manchmal war es auch einfach das Essen am Boden, was schöner war als stehen. Ich lag unter Bäumen, neben Feldern, an Straßenseiten und schlussendlich auch neben einem Laden am Parkplatz im Schatten, wo ich beinahe eine Stunde lang zu Ruhe kommen konnte. Wir hatten diese Abendpause um auf das verschwinden der Sonne zu warten und nach dieser Ruhe war ich in einer Hochstimmung. Martin hatte grade sein Buch ‘Das Perfüm’ mit dem Jungen und dem guten Geruchssinn fertig gelesen bevor er es in die nächste Papiertonne klatschte mit den Worten ‘War gut!’ und dann eine Minute später einen vorbeifahrenden Auto mit hübscher junger Dame darin, eine Kusshand zu warf und ganz verzaubert war, als diese den Kuss aufnahm und zurück schickte. Strahlend lief er zur Straße um dem Auto in die Ferne entweichend zuzuschauen und das entzückte Gesicht das er dann trug, war der Grund, dass es auch mir nicht hätte besser gehen können. Auf einmal merkten wir, dass wir unfassbar nah davor waren, eine zuvor als unmöglich gedachte Aufgabe zu bewältigen. Wir waren so kurz davor die Reise, die uns durch so viele Höhen und Tiefen führte zu vollenden und in Valencia anzukommen. Noch eine Nacht im freien und dann wären wir da. Wir konnten es echt nicht glauben und Stolz schien unsere Köpfe zu füllen als wir weiter liefen. An einem Obststand trafen wir einen netten Mann der bewunderte was wir taten und uns dafür mir Obst beschenkte. Wir beide nahmen eine Ochsentomate und genossen das viele Fruchtfleisch beim weiter wandern. Als es stockdunkel wurde, kamen wir a den See und entschieden uns für die falsche Richtung. Der unnötige Weg den wir zurück legten, hätte uns nicht weniger stören können, denn unsere Gespräche waren auf Hochtouren und wir waren soeben in einen Exkurs über mein Leben in Kanada vertieft und ich versuchte ihm meine Sicht auf das Zusammenleben und Arbeiten mit behinderten Menschen näher zu bringen und ihn vertraut zu machen mit den unglaublichen Charakteren, mit denen ich ein Jahr lang mein dortiges Zuhause teilen durfte. Eine erfüllende Aufgabe und genauso erfüllend fühlte es sich an darüber zu sprechen. Als wir umkehrten und unsere Route wieder im Griff hatten, legten wir eine kurze Pause ein um ein Ei zu legen. Martin machte sowas nur in Notfällen. Ich allerdings hatte schon längst meinen Spaß daran gefunden in der Natur zu kacken. Das erste Mal hatte ich das bei einem drei Tage Hike in Kanada versuchen müssen, damals noch sehr verklemmt und ungern. Dann kam mein zweites Mal auf dem wundervollen Gebirge der Preikestolen in Norwegen, dasselbe Gebirge in dem ich auch auf die buddhistischen Mönche getroffen bin, bei denen ich später für vier Tage leben durfte, und dasselbe Gebirge in dem der ‘Pulpit Rock’ aufzufinden war bei dem ich in jener Nacht zwei Meter entfernt einer Klippe mit 400 Meter Senkung und Ausblick über einen unglaublichen Fjord, bei furchtbaren winden Campen würde. Genau auf dem Gebirge starrte ich in den Sonnenuntergang und legte dabei meine zweite Wurst. Vielleicht hatte ich mich damals in die natürliche Weise auf die Toilette zu gehen verliebt. Igitt igitt. Na egal, also auf jeden Fall machte es mir nun in Spanien nichts mehr aus. Vielleicht ist das auch keine Sache auf die man stolz sein müsste, nur waren Martin und ich beide überrascht, dass man anscheinend auf unter einer Minute aufs Klo gehen könnte und Klopapier gar nicht nötig wäre, wenn man so Eier legt, wie es die Natur vorgesehen hätte. Spät abends, circa um elf, was nicht wirklich spät ist, wenn man mal so selbst reflektiert sein darf, kamen wir nach einem kurzen Waldstück an eine kleine Art künstliches Ufer vor einem Staudamm, umrundet von Natur und mit einem schönen Phänomen, nämlich Unmengen an Fischen jeder Grösse, die ununterbrochen aus dem Wasser sprangen, vermutlich in dem Versuch unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen oder fliegen zu fangen. Martin und ich sind uns einig. Erstens wird diese Nacht zu hundert Prozent draußen geschlafen und nebeneinander ein paar schöne Stunden auf dem Boden verbracht, und zweitens sind wir beide total coole Socken für den ganzen Mist den wir durchgemacht haben, um genau hier hin zu kommen. Wirklich erfüllt fallen wir beide in einen angenehmen Schlaf und konnten ungestört bis zum Aufwachen durchschlafen. Dass ein so furchtbare Anfang in einen Tag in etwas so wunderschönes und erfüllendes entarten könnte, wäre keinem von uns beiden in den Kopf gekommen. Und morgen soll es dann soweit sein. Das Ankommen in Valencia. Nein, wie spannend. 

26.05.2025 @Ghost Es war einmal Valencia, Impulsivkauf Ibiza, Fischaugengebäude, die liebe Femke, Martin und ich in einem Michelin-Küchen 5 Sterne Hotel um Paella zu testen

Die Nacht war vorbei, die Fische hatten aber anscheinend so einen Spaß bei dem was sie taten also sprangen sie munter weiter. Von einer Seite zur anderen zu schauen,  dachte einen wieder an den Ort an dem man eingeschlafen war. Zehn Kilometer außerhalb liegen wir an einem bewaldeten Ufer und feiern die erste gemeinsame Woche, die mit diesen Minuten ihre Gänze findet. Genau am Sonntag zuvor haben wir in kleinsten Kaseln gelegen und unser letztes Hostel ‘genossen’ und jetzt sind wir so weit gekommen, man möchte es fast nicht glauben. Nach sieben Tagen sollte es soweit sein, endlich in Valencia anzukommen. Wir starteten den Tag mit einem kleinen Essen und ich versuchte mit meiner inzwischen stumpfen Rasierklinge blind meinen Schädel zurück auf deine null Millimeter zu rasieren. Ich hab auf nachdem ich die Seiten vollbracht habe und lasse sie ab nun wieder wachsen. Zwar bin ich den Mönchen aus Norwegen immer noch unendlich dankbar für den neuen Haarschnitt, aber bis ich wirklich ins Kloster gehe, kann ich wohl nicht durchgehend an dem Style festhalten. Na gut... wir packen unsere Sachen und machen uns voller guter Energie auf den Weg. Wir haben fanatisch geschlafen und sind super aufgeregt Valencia für uns zu entdecken. Ausserdem gibt es noch ein ganz besonderes Special für uns. Der Küchenchef von dem Restaurant in dem Martin kellnert, findet sich zufälliger Weise zur selben Zeit in Valencia ein wie wir es tun. Dieser liebe Mann unter dem Namen Marisso, hatte Martin und mich auf ein Essen eingeladen, aber nicht nur irgendein Essen, sondern das berühmteste Gericht der valencianischen Region; Paella. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass wir im Sechsten Stock eines fünf Sterne Hotels sitzen würden oder dass die Küche einen Michelin Stern besäße, aber wir freuten uns auch ohne dieses Wissen unglaublich auf die so lange stand gehaltene Mahlzeit. Die erste Mahlzeit die wir uns kaufen werden, anstatt uns Dinge aus dem Supermarkt zusammen zu mischen. Zurück zu unserem Morgen, an dem wir durch die Vorstadt bis in die futuristische Neustadt Valencias vordringen. Zu einem Zeitpunkt macht Martin eine Audio an seine Mama und ich finde es herrlich wie spannend und übertrieben er unsere Geschichte erzählt und fühle mich ein bisschen schuldig dafür und schäme mich was die arme Mama von mir denken muss und wie viel Angst sie um ihren Martin hat. Total frech was ich mir hier erlaube. Den 19 jährigen Bub einfach in irgendwelche Abenteuer hineinzuziehen, oh oh. Kurz nach seiner Audio sehne wir ein Schild. Auf gelben Hintergrund wird uns ein Fährensymbol präsentiert und darunter steht in schwarzen Lettern der spanische Name für Algerien. Es dauert ein paar Sekunden und dann habe ich eine Geistesblitz. Ich rufe Martin zu mir und gespannt gehe ich auf die Karte meines super tollen und wundervollen viereckigen Smartphones um auf der Karte die nautische Region Valencias einzusehen. Ich bemerke, dass Algerien ein wenig zu weit weg ist, aber wir finden eine Insel. Die Insel mit dem Namen Ibiza. Es braucht nur ein paar Sekunden und zwei Idioten, die sich leicht verträumt in die Augen starren, bevor ich auf der Homepage der agierenden Fährengesellschaft bin und nach Routen schaue, um auf die Insel zu gelangen. Das ganze ist im nu entschieden und so heißt es, dass wir morgen Abend die Nachtfähre nehmen und drei Tage auf Ibiza campen werden. Da wurde nichts lange diskutiert. Bevor wir also in Valencia angelangt sind, ist unser Verlassen auch schon wieder geplant und so fängt das Erkunden der Gegend richtig an. 

Valencia in a Nutshell ist Folgendes: ziemlich hübsch, eine tolle Kombination aus Altstadt, Costa Blanka und unglaublicher Kultur mit schönen Parks. Wir erleben es alles und bewundern feinste futuristische Baukunst, die Oper und Kunstgalerie zum Beispiel, in riesigen weißen Blasen mit den verrücktesten Formen und Wendungen innerhalb der Architektur.  Viel schöner ist es aber noch, als wir unsere erste Begegnung mit einer Backpacking Kollegin haben. Von weither sehe ich rote Hosen und einen großen Rucksack und kann mir das ungehalten rufen über 50 Meter nicht verkneifen. Trotz Kopfhörer nimmt sie meine Stimme wahr und wild winkend versuche ich zu gestikulieren, dass wir zu ihr kommen. Sie winkt und deutet auf eine Treppe 50 Meter weiter links die zu ihr führt. Martin und ich rennen in Erregung unser erstes richtiges Gespräch mit einer Person die auf backpackt, zu haben und stehen dann schließlich vor ihr. Die Person, die sich vorstellt heißt Femke. Femke ist nicht nur super süß, sondern auch niederländisch und grade im Gap-year bevor sie sich an ihren Master in Linguistik heran wagt. Sie erzählt uns den Camino Santiago del Compostella oder so ähnlich gelaufen zu sein und nun eine studierende Freundin in Valencia zu besuchen. Sie ist vor circa eine Stunde hier angekommen und wir laden sie ein mit uns gemeinsam zum Strand zu laufen, der circa eine Stunde entfernt ist. Wir lernen Femke besser kennen und sie uns auch. Begeisterung trifft es wohl ganz gut. Wir scheinen lustig genug zu sein um sie bei Laune zu behalten und so kommt es, dass sie nicht flieht, sondern bis zum Strand an unserer Seite bleibt. Wir erzählen von allen Abenteuern und witzeln viel herum. Wir befragen sie warum niederländisch wie das Englisch eines Betrunkenen klingt und anscheinend ist die Frage so genial, dass selbst eine in diesem Fach studierende Person ins straucheln kommt. Am Strand/ Hafen angekommen, treffen wir auf drei junge Männer aus Australien und Neuseeland. Ich hatte sie angesprochen, weil sie so aussahen als würden sie uns Wasser gehen und da ich mir nichts schöneres nach so vielen Schweißbädern vorstellen konnte, wollte ich unbedingt dabei sein. Noch nie war jemand zügiger in seiner Unterhose und keine 10 Sekunden später gab es einen lauten Klatscher als ich Kopf voraus in das 3 Meter tiefer liegende Hafenbecken eintauchte. Kein Gesicht der Welt könnte fassen, wie wundervoll dieses Wasser war, wie samt es einem am Köper entlang glitt und wie belebend es sich anfühlte. Ich genoss es sehr aber musste auch schnell wieder heraus, schließlich waren Martin und ich schon ein bisschen spät dran für ein Abendessen und wir mussten noch 1.5 Stunden ins Stadtinnere rennen. Wir machten ein schönes Selfie und umarmten unsere liebste Femke herzlichst bevor wir dann in absolutem Rekordtempo ohne zu rennen, aber mit eiligsten Schritten, in Richtung Abendessen schossen. Wir kamen zu spät... Aber immerhin waren wir jetzt richtig schön durchgeschwitzt und ekliger denn je. Also genau richtig, um in das wunderschöne Hotel einzutauchen. 

Als wir die riesige Drehtür passierten, schlug mir ein Geruch entgegen von einer Süße und Fülle, wie ich noch nie etwas gerochen hatte. Meine Sorgen um den eigenen Geruch verflogen im nu, denn die Wand aus wunderschönen Blumen, die vor uns aufgebaut war, schien jeden anderen Geruch zu verschlingen. Wir wurden von Maurisso begrüßt und in den Fahrstuhl geleitet, dieser war wunderschön aber genauso klein wie hübsch. Im Sechsten Stock mussten wir dann feststellen, dass nicht der Untergeschoss das schönste war, sondern eben jenes in dem wir uns nun befanden. Atemberaubend erstreckte sich eine weite Fläche aus höchst verzierten Möbelstücken, polierten Tischen und Spiegeln, großen Fenstern und fein gekleideten Bedienungen vor uns. Wir wurden an einen Tisch geleitet und ich fühlte mich wie in dem falschesten Film der Welt, wie ich da mit meinem Poncho, der zerfetzten Leinenhose mit chinesischen Schriftzeichen, den Barfußschuhen und der Orangen Sonnenbrille auf dem Kopf hinein spazierte. Zumindest auf meine Haltung achtete ich, aber für ein Foto von den Blicken von anderen Gästen hätte ich jede Menge Geld bezahlt. Maurisso war mit seiner Partnerin da, eine Berlinerin und Künstlerin. Er selbst war Mexikaner und studierter Psychologe der nun seine wahre Bestimmung im kochen gefunden hatte und in Berlin den Platz der Kochens in Martins Restaurant wahr nahm, weil sie ihn kochen ließen was er mochte. Während Martin eintaucht in die Welt der Kunst, lerne ich durch Maurisso eine ganze Menge über die Unterdrückung und die Korruption innerhalb Mexikos und wie Amerika es weiter schafft, alles in seiner Hand zu behalten und ein Land gezielt von innen heraus zerstört. Genial, wenn man so möchte, aber eben auch geisteskrank, pervers und typisch westliche Welt. Das übliche halt. Die zwei sind Zucker lieb und haben vieles zu erzählen. Martin und ich genießen die Unterhaltung, die weißen Sitze, den Duft und den Gedanken an Essen. Zwar wird Paella niemals abends gegessen, aber extra für uns wurde etwas reserviert und frisch zubereitet. Paella ist ein Gericht in einer riesigen flachen Pfanne zubereitet, bestehend aus originalem Reis aus Valencia. Das übrigens waren die Wasser getränkten Felder auf dem Weg nach Valencia. Reisfelder. Der Reis wird dann in einer Art Soße, Gravy, gebraten und  gekocht. Das Original hat Kaninchenfleisch und Hühnchen in sich und das besondere Gewürz ist Safran. Je nachdem wie gut das Paella ist, hat es entweder echtes Safran an sich oder einen Ersatzstoff. Hier war es echtes Safran. Eine Art von Grün war auch noch mit im Topf, ich könnte aber nicht sagen ob es Kale oder Chard gewesen wäre. Als es uns präsentiert wurde, nahmen Martin und ich unseren ersten gemeinsamen Happen, während Maurisso und Partnerin ihr Steak auf der Rippengegend und einen guten Lachs aßen. Ich liebe meine Worte und ich denke vieles beschreiben zu können, aber den Geschmack der einen mit einem Mal und mit solcher Wucht einnahm, liegt außerhalb der Grenzen meiner Fähigkeiten. Wir rutschen lediglich tief in unsere Stühle zurück und konnten vor Entzücken die Augen nicht mehr offen halten. Alle Wahrnehmung wurde vom Geschmack eingenommen und auf einmal schien es als wäre jeder Schmerz, jede unangenehme Nacht, jeder einzelne Schritt und jeder Tag es wert gewesen, nur um im hier und jetzt ein solches Paella probiert zu haben. Wir waren sprachlos. Und wir blieben es bis wir alles genossen hatten. Das Gericht kostete zwanzig Euros und war beinahe zu viel für uns beide, aber um das ganze noch zu toppen, wurden wir auch noch von Maurisso eingeladen. Hilflos wunderten Martin und ich uns, womit wir solche Wunder verdient hätten, bedankten uns brav wie wir es immer taten, wenn Leute Engel zu uns waren und Genossen die Minuten der ruhigen Gespräche bis die Rechnung gereicht wurde. Danach gingen wir noch aufs Klo und als wir wieder vereint mit den Rucksäcken waren, erwachten wir auch langsam wieder in der Realität. Es war nach 11 Uhr und wir waren im Zentrum Valencias mit noch keiner Schlafmöglichkeit. Wir hatten uns etwas großartiges ausgedacht: wir würden uns eine Gurke kaufen und ich würde sie auf einem gefüllten Marktplatz balancieren, während Martin in perfektem Spanisch schreiend Passanten nach einer Bleibe für die Nacht fragen würde. Der Plan war perfekt, nur hatte kein Gemüseladen mehr auf uns so nahmen wir doch einen Bus und fahren aus der Stadt hinaus. Beim warten auf den Bus aßen wir das bisher einzig wirklich ungesunde auf der Reise. Eine Tafel billigster Schokolade, die seit langer Zeit in meinem Rucksack vor sich hingeschmolzen war seit ich sie in Gandia gekauft hatte  und die wir uns aufbehalten hatten, bis wir in Valencia angekommen wären. Und so genossen wir je zwei kleine Stücke, bevor uns bewusst wurde wie eklig das war. Wir packten sie zurück und warteten glückselig auf den Bus und die Rettung vor der großen Stadt. Als wir in der Nähe eines Parkens raus kamen, liefen wir die Straße entlang, in der auch die Polizeistation gelegen war und machten uns eine Stätte für die Nacht in einem Feld mit hohem Grass. Martin im Zelt, ich um was neues zu versuchen, auf der Matte mitten im Gras. Zum Glück hatte ich keine große Angst vor Insekten, aber hätte ich von der Größe der Spinne gewusst, die mich morgen früh beim erwachen anlächeln würde, wäre ich vermutlich doch zu Martin in die erstickende Enge des Zeltes gekrochen. Geschlafen haben wir beide ausgezeichnet. Ab jetzt schienen die Tage nur noch besser zu werden. 

27.05.2025, Valencias Zentrum, Schokolade mit Erdnussbutter, ein Markt und eine Galerie, Beach Volleyball an der Costa Blanca, die Fähre nach Ibiza

Ahhhh! Spinne!!! Aber eine Süße... mit schönem silbernen Fell and freundlichen Augen überquerte sie grade als Begrüßung für den Morgen die Oberseite meiner grauen, warmen Kuscheldecke und lächelte mir beim Vorbeigehen nett zu. Sie krabbelte aufs Zelt und gab mir die Möglichkeit mich auf die ewig vielen Schnecken, die sich ebenfalls auf der Decke stationiert hatten, zu widmen. Da Martin noch im Zelt war und nicht den Anschein machte gleich aufzuspringen und wild drauf los zu packen, um endlich weiter zu kommen, entspannte ich mich mit ein paar Dehnübungen und Tasche packen plus Zähne putzen. Hinter dem Zaun der an die Wiese angrenzte, wohnten ein paar Hühner und ich freue mich solch nette Gefährten durch die Nacht bei mir gehabt zu haben. Martin und ich haben beide eine Historie mit Hühnern. Er besitzt im Moment welche und meine Familie hatte bei uns im Garten auch für viele Jahre sechs süße Hühnchen. In Kanada hatte ich oft das Vergnügen den Wohnwagen voll mit Hühnern auf unserer Wiese in der Nähe meines Hauses zu betreuen und seitdem bin ich zu tiefst verliebt in die gefederten Wesen. Mit Martin auch erwacht, packten wir also zusammen und gingen los. Wir grüßten das Polizeipräsidium und nahmen in der Nähe an einem Wasserzugang Platz, der von hohen Steinmauern umgeben war und weit hinten um eine Kurve ging und vermutlich ein Kanal darstellte. Wunderschöne Bäume mit violetten Blüten säumten die Umgebung, in der Ferne beobachteten wir zwei Menschen die sich im Seilspringen versuchten und mit ihren Hunden im Wasser spielten. Martin und ich frühstückten ein herrliches Frühstück aus den ‘üblichen’ Zutaten, die trotz dessen immer wieder in der Lage waren, neue Dinge zu erschaffen und dabei noch genießbar zu bleiben. Für mich persönlich lebten wir so einen kleinen minimalistischen Traum. Anschliessend brachen wir auf um noch ein bisschen von Valencia erleben zu können und wir zielten das Zentrum und den dort vorhandenen Markt an. Als wir dort ankamen setzten wir uns und betrachteten unsere Reise als vollbracht. Wir sind bis in das Zentrum Valencias vorgedrungen und das in acht Tagen. Durch eine App auf dem Handy konnten wir herausfinden 280 Kilometer gemeinsam gelaufen zu sein. Bei mir kamen noch 56 km durch die zwei Tage zuvor dazu. Sehr glücklich über einen solchen Erfolg aßen wir die Schokolade und bestrichen jene mit Erdnussbutter.  Pervers, ja wissen wir. Anschliessend tauchten wir ein in das gigantische Ausmaß des Marktes, der innerhalb eines alten Gebäudes mit schönen Kuppeln und vielen hohen weißen Wänden bestand. Noch nie hatte ich einen solchen Markt in einer solchen Dimension gesehen. Nichts das man sich ausdenken könnte, fehlte. Von jeder Sorte von Stand gab es unzählige und man sah Dinge, die man zuvor nie dachte sehen zu müssen. Zum Beispiel ein toter pelzloser Hase. Oder Süßigkeiten  in Farben und Formen, die selten Sinn ergaben. Mir fällt nun hinterher auf, dass ich zum Zeitpunkt des da seins viel mehr aufschreiben hätte sollen. Es fällt es schwer das ganze Angebot wieder in den Kopf zu bekommen und die Wörter fehlen mir an allen Enden. Beim nächsten Mal werde ich anders an so eine Situation heran gehen. Abgeschreckt von den Preisen weichen wir dem Gedränge bald wieder und finden uns stattdessen in einer benachbarten Galerie alter Schwarz-Weiß-Bilder wieder, die eine Familie und Jäger, aber auch Doktoren und tanzende Frauen wieder gibt. Martin und ich sind völlig allein in der Ausstellung und genießen die Ruhe um uns auf den Boden zu legen und die Bilder so anzugucken. Martin erfindet mit seinem kreativen Geist Geschichten über einen verzweifelten Arzt der aus Frust ein Kind bekommt um Dinge zu beweisen und zeigt mir das dazu passende Bild. Dargestellt ist ein Kleinkind an einer Art Gestell befestigt. Zwei Schnüre halten eine Art Hose und in der Hose sitzt das kleine Kind mit den Armen nach oben gestreckt um sich festzuhalten. Um das Kind herum stehen sechs in Mänteln gekleidete Herren und machen Notizen. Bereichert durch so viel Kunst gehen Martin und ich weiter durch die Stadt und finden uns vor der Kathedrale sitzend wieder. Martin ist auf der beinahe verzweifelten Suche nach einer authentischen Postkarte und definiert jene nur sehr wage. Am Ende unserer Reise sind wir wieder am Strand. Diesmal nicht am Hafen, sondern am richtigen wunderschönen Strand, mit dem Namen Playa de la Malvarrossa. Ich sehe Menschen die Beach Volleyball spielen und weiß sofort, dass dieser Abend gefüllt ist. Wir eilen in die Richtung des Feldes und hätten komischer nicht aussehen können. Die riesigen Rucksäcke und die Kleidung, die das ganze nicht weniger komisch machte, vor allem Martins Cowboy Hut, mussten einen eigenartigen Eindruck machen, aber dennoch waren die 8 anwesenden Studenten sehr aufgeschlossen und freundlich. Wir setzten uns und schauten zu. Ich schwärme Martin von der Sportart zu und bin überrascht als er erwähnt auch schon das ein oder andere Mal gespielt zu haben. Eine junge Dame aus Italien kommt auch noch hinzu und nach 10 Minuten stehen wir alle auf dem Feld und haben eine höchst spannende einstündige Partie. Es wird viel gelacht und wir lernen das Wort das bei der Angabe gerufen wird, damit jeder weiß, dass es los geht: Bola! Neben unserem Feld findet eine ebenso spannende Partie höchst professionellem Frisbee-Werfens statt. Ich bin fasziniert über die Genauigkeit mit der geworfen wird und die Geschwindigkeit, die jeder Mitglied auf dem Sand zustande bringt. Ich hab so etwas noch nie gesehen und hoffe in der Zukunft nochmals darauf zu treffen. Auf einem Platz in der Nähe hat sich eine Menschenmenge aus über 100 Personen gesammelt und laute Musik spielt, als all jene anfangen sich im kreis zu bewegen, zu tanzen und sich zu erwärmen, bevor sie gesammelt einen Dauerlauf entlang des Strandes starten. Ich als Kleinstadtmensch bin völlig geschockt, von was alles möglich ist wenn Leute nur mal Lust haben, zusammen Dinge zu erleben. Unglaublich! Auch der Fakt, dass in Valencia so viele junge Menschen sind, ist ein völlig ungewohnter für mich. Vielleicht verpasse ich wirklich was dadurch, dass ich nicht studiere. Aber umso mehr freue ich mich dann, wenn ich es vielleicht doch irgendwann tue. Als unser Match zu Ende war, reden wir noch eine Weile mit den Anwesenden, manche studieren oder arbeiten grade in Valencia, zwei sind grade auf der Durchreise und Katha, die Italienerin, kommt grade aus Ibiza zurück, das Ziel von Martin und mir zu welchem wir in einer Stunde eilen müssen, um die Fähre zu erwischen. Aber zuerst packen wir unsere Sachen, sagen ein freundliches auf Wiedersehen und gehen dann in Richtung des nächsten noch geöffneten Obstladens, um uns für die Überfahrt einzudecken. 40 Minuten später stehen wir am Check in und nur wenige Minuten danach sitzen wir in einer Fährenlounge auf dem Weg nach Ibiza, mit allen möglichen Früchten vor uns auf dem Tisch, Schuhe ausgezogen und Powerbank angesteckt. Alles scheint mal perfekt zu laufen. Wie schön...

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